HMS Victory


HMS Victory, Lord Nelson und die Schlacht von Trafalgar.
Geschichte, Bau, Einsätze, Außerdienststellung, Museumsschiff und Spezifikationen des britischen Linienschiffs von 1765.

HMS Victory
HMS Victory als Museumsschiff im Trockendock in Portsmouth.

Linienschiff HMS Victory

Das Linienschiff HMS Victory, welches heute in Portsmouth (Süd-England) besichtigt werden kann, ist das fünfte Schiff der britischen Royal Navy, welches diesen Namen erhalten hatte.


Die erste Victory lief 1559 Stapel, war 800 Tonnen groß und das Flaggschiff von Sir John Hawkins bei der Vernichtung der Spanischen Armada im Jahr 1588.

Der Bau des zweiten Schiffs dieses Namens wurde 1620 begonnen. Diese Victory war 875 Tonnen groß und nahm am Ersten und Zweiten Englisch-Holländischen Krieg von 1652 bis 1667 teil. Wiederhergestellt im Jahr 1666, nahm sie dann auch noch am Dritten Englisch-Holländischen Krieg von 1672 bis 1674 teil.

Die dritte Victory, welche 1675 mit 1.486 Tonnen vom Stapel gelassen wurde, nahm an der Schlacht von Barfleur im Jahre 1692 teil. Sie wurde 1695 wiederhergestellt.

Das vierte Schiff dieses Namens hatte 920 Tonnen und lief 1734 vom Stapel, sank aber mit der gesamten Besatzung 1744 im Ärmelkanal.

Bau

Die Geschichte der heute immer noch erhaltenen HMS Victory begann im Jahr 1758. In jenem Jahr beschlossen die Minister von Georg II. ein ehrgeiziges Bauprogramm von zwölf Linienschiffen.
Ganz oben auf der Liste stand ein noch namenloser Dreidecker der 1. Klasse mit 100 Kanonen, welcher in Chatham gebaut werden sollte. Der Baubeginn fiel in das Jahr 1759, welches das ‚Jahr der Siege‘ in England während des Höhepunktes des Siebenjährigen Krieges wurde.
An Land siegte die britische Armee bei Surat, Minden und Quebec und die Royal Navy auf See vor Lagos und in der Bucht von Quiberon. Daher war es äußerst passend, dass das im Juli desselben Jahres aufgelegte Schiff den stolzen Namen HMS Victory erhalten sollte.

Entworfen von Thomas Slade, dem leitenden Sachverständigen der Royal Navy, wurde ihr Bau geleitet von Allen, dem Schiffbaumeister von Chatham. Die gewöhnliche Bauzeit bis zur Fertigstellung eines Kriegsschiffes der 1. Klasse war damals fünf Jahre, aber die britischen Erfolge zur See während des Siebenjährigen Krieges machten die Fertigstellung des Schiffes weniger dringlich. So wurde HMS Victory erst am 7. Mai 1765 von Stapel gelassen.

In der Zwischenzeit hatte der Friede von Paris den Siebenjährigen Krieg bereits 1763 beendet und die ersten dreizehn Jahre nach ihrem Stapellauf verbrachte HMS Victory auf dem Fluss Medway im Südosten Englands. Dort musste sie im Januar 1771 erstmals vom jungen Horatio Nelson gesehen worden sein, als er dort im Alter von nur 12 Jahren seinen Dienst auf seinem ersten Schiff, der HMS Raisonnable, antrat.

 

Einsätze

Dann, im Jahre 1778, trat Frankreich im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg aufseiten der Rebellen George Washingtons in den Krieg ein. Nun wurde HMS Victory schnell nach Portsmouth gebracht und einsatzbereit gemacht, wo im Mai Admiral Keppel als der Befehlshaber der Kanal-Flotte seine Flagge auf ihr hisste. Im nachfolgenden Juli befand sich HMS Victory erstmals im Kampfeinsatz während eines entscheidungslosen Gefechtes vor Ushant.
Nachdem sie nacheinander die Flaggen der Admirale Hardy, Geary, Hyde Parker und Kempenfeldt geführt hatte, wurde sie das Flaggschiff von Lord Howe. Mit ihm nahm sie am Entsatz von Gibraltar und der Schlacht am Kap Spartel im Jahr 1782 teil.
Nach ihrer Rückkehr nach Portsmouth wurde sie 1783 außer Dienst gestellt, als der Vertrag von Versailles einen vorübergehenden Frieden brachte.


1793 trat Großbritannien der Ersten Koalition gegen das revolutionäre Frankreich bei. Im Mai desselben Jahres verließ die wieder einsatzbereite HMS Victory als Flaggschiff von Lord Hood mit einer starken Flotte von 21 Schiffen England in Richtung Mittelmeer.
Toulon wurde zwar eingenommen, musste aber wieder evakuiert werden, was hauptsächlich den Erfolgen eines jungen französischen Artillerie-Offiziers aus Korsika zu verdanken war: Napoleon Bonaparte.
Im Jahr 1794 wurden dann von der britischen Flotte Operationen gegen Korsika durchgeführt. Während der Belagerung von Calvi landete HMS Victory Mannschaften und Geschütze an, welche vom damaligen Hauptmann Horatio Nelson kommandiert wurden. Bei einem dieser Einsätze erlitt er eine Verletzung, wodurch er sein rechtes Auge verlohr.

Nach der Rückkehr nach Portsmouth für eine kurze Überholung kehrte HMS Victory als Flaggschiff von Admiral Man, dem Stellvertreter des Admirals Hothmam, ins Mittelmeer zurück. Im Juli 1795 nahm sie am unentschiedenen Gefecht vor Kap Hyeres teil. Hothams Versagen, eine Entscheidung bei Hyeres zu erzwingen, führte dazu, dass Spanien sein Glück zusammen mit Frankreich versuchte und das Mittelmeer ging für die Briten verloren. Erst Nelson sollte dies drei Jahre später durch seinen Sieg am Nil ändern können.

Im November 1795 wurde daher das Kommando über die Flotte in die starken, fähigen Hände von Admiral Sir John Jervis gelegt, der seine Flagge auf HMS Victory setzte. Am 14. Februar 1797 folgte der dringend benötigte Sieg von Kap St. Vincent. Commodore Nelson auf HMS Captain spielte dabei die entscheidende Rolle, indem er mit seinem Schiff aus der Schlachtlinie ausscherte, vor den Kurs der Spanier kreuzte und dabei zwei von ihren Schiffen persönlich zur Kapitulation zwang.

Im November 1797 kehrte HMS Victory nach Chatham zurück und wurde von 1798 bis 1800 außer Dienst gestellt. Von 1798 bis 1800 erreichte ihre hervorragende Einsatzkarriere einen vorübergehenden Tiefpunkt, als sie ein Lazarettschiff für Gefangenenschiffe wurde.

Im Jahr 1801 kam sie ins Dock und erhielt in den nächsten zwei Jahren umfangreiche Umbaumaßnahmen.
Sie wurde praktisch fast wieder neu hergestellt und erhielt das Aussehen, welches sie heute hat. Die Galionsfigur wurde vollständig umgestaltet, die offenen Galerien entfernt, das Heck flach gemacht und die Ketten von unten nach oben über die Öffnungen des oberen Geschützdecks verlegt.

Flaggschiff von Lord Nelson und Trafalgar

Schlacht von Trafalgar
Der Moment um 12:45 Uhr als HMS Victory in die feindliche Schlachtlinie einbricht. Zuvor hatte Collingwoods Royal Sovereign (14) mit der zweiten Säule die Schlachtlinie weiter im Süden durchbrochen.

HMS Victory wurde dann im April 1803 erneut in Dienst gestellt und im Juli desselben Jahres traf sie als Flaggschiff des Oberbefehlshabers Lord Nelson im Mittelmeer ein. In den folgenden achtzehn Monaten nahm sie an der Blockade von Toulon teil, die mit der Flucht von Villeneuve, der langen Verfolgungsjagd zu den Westindischen Inseln, der Rückkehr von Villeneuve nach Cádiz und Nelsons mit der Victory nach England endete.

Am 15. September 1805 verließ Nelson auf HMS Victory wieder England und übernahm das Kommando über die Flotte, welche die Blockade über Cádiz aufrechterhielt. Damit war der Schauplatz für die entscheidendste Schlacht, die jemals auf See geschlagen wurde, eröffnet. Am 21. Oktober 1805, vor Kap Trafalgar, wurden die vereinigten Flotten Frankreichs und Spaniens besiegt und Napoleon damit der Zugang zur hohen See für immer verwehrt.
Von ihren dreiunddreißig Schiffen wurden achtzehn von den Engländern erobert, vier entkamen nur um rund zwei Wochen später eingefangen zu werden und der Rest kämpfte sich zurück nach Cádiz, wo sie bis zum Kriegsende verblieben.

Doch zur Freude über den großen Sieg gesellte sich die Trauer in England, denn unter den Toten war auch ihr großer Admiral Lord Nelson, welcher getroffen von einer tödlichen Kugel aus den Masten des französischen 74-Kanonen-Linienschiffs Redoutable in den letzten Momenten seines größten Triumphes unter Deck von HMS Victory verstarb.


HMS Victory, welche Nelsons Schlachtlinie in die Schlacht angeführt hatte, wurde so schwer beschädigt, dass sie nach Gibraltar geschleppt werden musste. Dort erfolgten eiligst provisorische Reparaturen, bevor sie am 3. November mit Nelsons Leichnam an Bord nach Portsmouth segeln konnte.
Am 4. Dezember kam sie in Spithead an und eine Woche lang erinnerten ihre angeschlagenen Seiten und die zerfetzten Masten an die Opfer des Sieges. Am 22. Dezember erreichte sie Sheerness und hier wurde der Leichnam des verehrten Admirals auf die Jacht des Kommissars gebracht, um nach Greenwich überführt zu werden. Die Beerdigung von Lord Nelson in der St. Paul’s Cathedral fand am 9. Januar 1806 statt, wo der Leichnam in der Painted Hall aufgebahrt wurde. An diesem Tag wurde auch zum letzten Mal die stolze Flagge des größten Admirals, welcher sie jemals führte, auf HMS Victory gehisst.


 

Um die Schäden zu beheben, welche sie bei Trafalgar erlitten hatte, wurde HMS Victory einer umfangreichen Überholung in Chatham unterzogen, bevor sie im März 1808 wieder in Dienst gestellt werden konnte.
Während der nächsten fünf Jahre war sie dann ständig im Einsatz. Im Januar 1809 half sie die Armee von Sir John Moore aus Corunna zu evakuieren und zurück nach England zu bringen.
Den größten Teil in dieser Zeit diente sie jedoch als Flaggschiff von Admiral Saumarez und lief in und aus der Ostsee, wo sie zwar ihre Einsätze wie immer hervorragend absolvierte, aber keine größeren Lorbeeren mehr finden konnte, als sie bereits geerntet hatte.

Im November 1812 kehrte HMS Victory von ihrer letzten Mission nach Portsmouth zurück. Im folgenden Monat wurde sie außer Dienst gestellt und erneut einer Überholung unterzogen. 1815 war sie dann wieder seetüchtig, aber Waterloo brachte den endgültigen Schlussstrich unter die Napoleonischen Kriege und das Ende der langen Kriegsschiffs-Karriere von HMS Victory.

Außerdienstellung und Museumsschiff

Sie wurde bis 1824 in Reserve gehalten, bis auf ihr die Flagge des Hafen-Kommandanten von Portsmouth gesetzt wurde. Abgesehen von der Zeit von 1869 bis 1889 hat sie diesen Dienst bis zum heutigen Tag in Würde erfüllt.

Bis 1922 lag HMS Victory angedockt im Hafen von Portsmouth. Bis zu diesem Zeitpunkt war der Zustand ihres Holzrumpfes Grund zu ernsthafter Sorge geworden. Um sie auch für die Zukunft bewahren zu können, wurde sie noch im selben Jahr von ihrem ungeeigneten Liegeplatz in das Dock Nr.2 verlegt, direkt in der Nähe des ältesten Trockendocks der Welt.
Mit Zustimmung und in Zusammenarbeit mit der britischen Admiralität rief die ‚Gesellschaft für Nautische Forschung‘ die Öffentlichkeit dazu auf, Geld zu sammeln, um HMS Victory wieder so aussehen zu lassen, wie sie es zur Zeit von Trafalgar gewesen war und sie für immer in diesem Zustand zu erhalten.
Dieser Appell war so erfolgreich, dass damals über 120.000 britische Pfund gesammelt werden konnten und das Schiff bis zum 17. Juli 1928 restauriert wurde. An diesem Tag ehrte König Georg V. das Schiff bei einer offiziellen Inspektion.


 

Spezifikationen

Bau und Abmessungen

HMS VictoryAngaben
TypDreidecker 1. Klasse mit 104 Kanonen (Linienschiff)
EntwurfThomas Slade
Kiellegung23. Juli 1759 (altes Einzeldock in Chatham)
Stapellauf7. Mai 1765
Indieststellung 1778
Ursprüngliche Kosten57.748 britische Pfund
Länge (über alles)69,0 m
Kiellänge46,5 m
Länge des Kanonendecks56,5 m
Maximale Breite16,0 m
Tiefgang6,5 m
Wasserverdrängung3.500 ts
Besatzung (während Trafalgar)850 Mannschaften und Offiziere

Bewaffnung

HMS VictoryKanonen
Achterdeck12 x 12-Pfünder
Vorschiff2 x 12-Pfünder, 2 x 68-Pfünder-Karronaden
Oberes Geschützdeck30 x 12-Pfünder
Mittleres Geschützdeck28 x 24-Pfünder
Unteres Geschützdeck30 x 32-Pfünder

Quellenangaben und Literatur

Navies of the Napoleonic Ara (Otto von Pivka)
H.M.S. Victory – the official Guide (The Commanding Officer of HMS Victory)
Atlas zur Seefahrts-Geschichte (Christopher Loyd)
Seemacht – eine Seekriegsgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart (Elmar B. Potter, Admiral Chester W.Nimitz)


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