Musketen des US-Bürgerkrieges


Springfield- und Enfield-Musketen des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865).

Soldaten der Potomac-Armee
Gruppe von US-Soldaten der Potomac-Armee beim Kaffeetrinken.

Wichtigste Musketen des US-Bürgerkrieges

Springfield-Muskete

M 1861 Rifle Musket
M 1861 Rifle Musket, das erste Springfield-Gewehr aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg.

Bekannt als erstes ‚Springfield-Gewehr‘ wurde die US Rifle Musket Modell 1861, welche zum Standardgewehr der Infanterie der Union während des Amerikanischen Bürgerkriegs wurde.

Treibende Kraft hinter dem angeblich fortschrittlichen Vorläufer, der US Rifle Modell 1855, war ausgerechnet der spätere Präsident der Konföderierten, Jefferson Davis, der in seiner Zeit als US-Kriegsminister die praktischen Anwendungsmöglichkeiten des Zündbandes förderte, welche zur Übernahme des Maynard-Bandzünders führten.
Dieses Zündband konnte aber bei Feuchtigkeit und Regen unbrauchbar werden und dazu beschwerten sich die Soldaten ständig, dass der Klappmechanismus für das Türchen an der Schlossplatte für den Bandzünder bei Gebrauch immer lockerer wurde, bis er schließlich ganz abfiel.

So entschieden sich die Verantwortlichen 1860 gegen das Bandzünder-System. Der heraufziehende Bürgerkrieg gab den letzten Anstoß, um wieder zum alten Perkussion-Zündhütchen zurückzukehren. Da schon die Berufssoldaten der US-Armee vor dem Krieg mit dem neuen Bandzünder-System nicht zurechtkamen, konnte man das von den Freiwilligen der Miliz-Regimenter erst recht nicht erwarten.

Das rasch in Auftrag gegebene und genauso schnell entworfene Gewehr US Rifle Musket Modell 1861 war folglich nichts weiter als eine vereinfachte Version der ehemals so fortschrittlichen M 1855 Rifle Musket.
Als Springfield-Gewehr Modell 1861 wurde es sozusagen zur Standardbewaffnung der Armeen der Nordstaaten. Mit Einschränkungen deshalb, weil die schließlich 800.000 von US-Arsenalen und die weiteren 670.000 von privaten Herstellern eingekauften Exemplare nicht annähernd den Gesamtbedarf decken konnten.
Rein äußerlich war es in Kaliber, Lauf und Ausstattung identisch zu seinem Vorgänger. Alle Metallteile wurden nicht weiter bearbeitet und unbrüniert belassen und an der Schlossplatte fehlte die Aussparung für den Manyard-Bandzünder und das Schachtfach an der rechten Kolbenseite.

Abzugsschloss einer Springfield M1861
Das Abzugsschloss einer Springfield M1861 mit dem eingravierten Namenszug und Klappvisier, welches auf 100, 300 und 500 Yards eingestellt werden konnte.

Bis Anfang 1863 wurden 265.129 der neuen Gewehre im Springfield-Arsenal fertiggestellt. Auf der Schlossplatte befand sich die Jahreszahl der Herstellung und ‚U.S. SPRINGFIELD‘, wodurch das Gewehr seinen Namen endgültig weg hatte.

Das einfache Klappvisier der letzten Versionen des M1855 wurde beibehalten, und selbst der etwas merkwürdige Hahn, der ursprünglich über den Zubringer des Maynard-Magazins hinausreichen musste, beließ man, da die bisherigen Maschinen für die Fertigung weiter verwendet wurden. Auch am Bajonett änderte sich nichts gegenüber dem Vorgänger.
Es folgten noch die leicht geänderten Versionen Modell 1863 und Modell 1864 des Springfield-Gewehrs.

Schwarze Soldaten des 107. US Coloured Troops Regiment,
Schwarze Soldaten des 107. US Coloured Troops Regiment, bewaffnet mit Springfield-Gewehren des Modells 1864.

Die Springfield-Gewehre waren bei den Soldaten beliebt und das glänzende Metall war hübsch anzuschauen, was einige Unteroffiziere dazu verleitete, die Waffen ihrer Truppe bis auf Hochglanz polieren zu lassen.
Im Feldeinsatz wurde diese Schönheit allerdings auch mit Leid erkauft, denn das Metall rostete leichter und so mancher Nordstaatler wird sein Leben wegen der weithin sichtbaren Sonnenspiegelung seines Gewehrs verloren haben.
So berichteten Offiziere der Südstaaten immer wieder, dass sie das Feuer auf die Stellungen der Feinde, welche mit Springfield-Gewehren ausgerüstet waren, leicht auf große Entfernung leiten konnten, da die Metallteile der Waffen deutlich in der Sonne blitzten.
Auch für den Schützen war das Zielen mit einer so glänzenden Waffe eher weniger vorteilhaft.

Trotzdem war das Springfield-Gewehr robust, einfach in der Konstruktion und hatte eine effektive Reichweite von 450 bis 550 Metern. Auf den üblichen Feuerentfernungen von 150 bis 300 Metern während einer Schlacht war es tödlich. Selbst noch auf 1.000 Metern war es tödlich, wenn auch die Chance auf diese Entfernung etwas anderes als eine Kolonnen-Formation von Truppen zu treffen, ziemlich gering war.

Die Flugbahn war hoch, wenn auf ein Ziel in 300 Metern Entfernung geschossen wurde, stieg das Geschoss von etwa 1,30 Meter über Sichtlinie an. Gezielt auf eine Entfernung von etwa 500 Meter, würde das Gewehr die Kugel über einen Reiter in etwa 250 Metern Entfernung hinwegfeuern.
Auch die Feuerrate war gering, denn selbst drei Schuss in der Minute galten schon als Schnellfeuer.


Enfield-Muskete

Enfield-Muskete Pattern 1853
Enfield-Muskete Pattern 1853 der dritten Modellausführung und 1862 hergestellt.

Das Gegenstück der US-Springfield-Muskete aus dem Norden war die britische Enfield-Muskete im Süden. 400.000 Stück wurden von den Südstaaten aufgekauft und über 500.000 weitere von der US-Regierung, womit diese britische Muskete wohl die zweithäufigste Infanteriewaffe während des Amerikanischen Bürgerkrieges war.

Die britische Enfield-Muskete P (Pattern) 1853, entworfen für die Minie-Patrone, wurde praktisch zum Standardgewehr des ‚Johnny Reb‘ aus dem Süden. Voraussetzung dafür war die rasche und geschickte Einkaufstätigkeit des konföderierten Zeugamtes und dessen Agenten Caleb Huse.
Aber auch in der Unions-Armee kamen Muster dieses Gewehres fast in jedem zweiten Regiment vor.

Die Masse mit 80 % der insgesamt rund 900.000 nach Nordamerika eingeführten Exemplare waren das Pattern (Muster) 1853 oder dessen gekürzte Varianten M 1856 oder M 1858, die Standardbewaffnung der britischen Linienregimenter.

Der Vorteil des englischen Gewehres war für beide Seiten derselbe: Das britische Standardgeschoss hatte das Kaliber .577-Zoll, was nur 3/1000 inch weniger als beim amerikanischen Standardkaliber war. Dies war eine so geringe Differenz, dass sich diese im Einsatz kaum auswirkte.
Sogar die Standard-US-Patrone Kaliber .58 konnte aushilfsweise in die englischen .577-Läufe geladen werden. Nur wenn der Lauf durch mehrfaches Abfeuern bereits merklich mit Pulverrückstände besetzt war, wurde das Nachladen mit dem etwas größeren US-Geschoss schwierig.


Bei Gewicht, Größe und Form entsprach die Enfield-Muskete P1853 ihren zeitgenössischen amerikanischen Standardwaffen, aber bei der Treffergenauigkeit übertraf sie sogar die Springfield-Muskete.
Denn seit 1858 erhielten die drei Züge des 39 Zoll langen Laufes der Enfield eine unterschiedliche Stärke. Nahe der Schwanzschraube betrug die Zugtiefe 0,015 Zoll, während sie an der Mündung nur noch 0,005 Zoll betrug. Dadurch wurde das Geschoss während des Durchlaufens fester in die Züge gedrückt und erreichte eine präzisere Führung.

Das Ergebnis war eine hervorragend genau schießende Muskete. Auf 100 Metern hatte die Enfield-Muskete mit maximal 19,5 cm Abweichung eine bessere Genauigkeit als ihre amerikanischen Gegenstücke, die M1855 mit 29,5 cm und die Springfield M1863 von 26 cm.
Von 15 Schüssen auf eine Entfernung von 400 Yards trafen 13 bei der Enfield, während es nur 4 bei der M1855 und 7 bei der Springfied M1863 waren!

Deshalb wollten die Offiziere auf beiden Seiten der Front des Amerikanischen Bürgerkrieges immer britische Enfield-Musketen haben, wenn sie schon keine eigenen Springfield-Gewehre bekommen konnten.
Genau genommen war aber die Bezeichnung ‚Enfield‘ für die in Nordamerika verwendeten britischen Musketen irreführend, denn sie wurden nicht in der ‚Royal Small Arms Factory‘ (RSAF) in der mittelenglischen Stadt Enfield hergestellt.

Denn von 1858 bis 1864 wurden in der RSAF nur über 323.000 Gewehre und Karabiner des Pattern 1853 gebaut und wurden vollständig für britische Truppen benötigt. Jedoch war die britische private Waffenindustrie in Birmingham und London konzentriert und während des Krimkrieges erfolgte ein Zusammenschluss der örtlichen Waffenhersteller zur ‚Birmingham Small Arms Trade Association‘.
Während des Krieges mit Russland lieferte dieses Syndikat innerhalb von 15 Monaten 156.000 Langwaffen an das britische Heer. Im Sommer 1861 standen dann diese Produktionskapazitäten für die Kontrahenten in Nordamerika zur Verfügung. Und solange die Waffen bezahlt werden konnten, erfolgte auch die Lieferung!
Dazu kamen noch Exemplare von einem geringen Teil der Londoner Büchsenmacher und aus dem Waffenhandel aus dem belgischen Lüttich, wo es ebenfalls Erfahrungen mit der Serienproduktion der Pattern 1853 Rifle gab.

Entwicklung der Rifle Musket P 1853

Nach der Schlacht von Waterloo, welche Napoleons Niederlage endgültig besiegelte, geriet Großbritannien für fast dreißig Jahre in einen Stillstand bei militärischen Entwicklungen. Durch die weit überlegene Royal Navy war es für die Briten nicht notwendig, schlagkräftige Landstreitkräfte zu unterhalten. Es erfolgten lediglich schleppende Reaktionen auf französische Fortschritte in der Militärtechnologie, dem potenziell gefährlichsten Nachbarn.

Aufgrund der langen britischen Tradition der ‚Rifle-Brigaden‘ wurde die Brunswick-Büchse für die Jäger und Schützen 1838 eingeführt. Die Brunswick-Büchse war jedoch nicht sonderlich erfolgreich, da der großkalibrige Lauf von 0,704 inch nach wenigen Schüssen stark verschmutzte.
Folglich blieb die britische Infanterie weiterhin mit glattläufigen Musketen ausgerüstet, welche sich kaum von der ‚Brown Bess‘ der Napoleonischen Kriege unterschied.

Die Kaffir-Kriege von 1846 bis 1852 gegen die Eingeborenen der Kapkolonie in Südafrika führten dann dazu, dass die britischen Soldaten im Durchschnitt 3.200 Schuss mit ihren Musketen benötigten, um einen Buschkrieger auszuschalten.

Diese Erfahrung brachte nun die britische Armee dazu, dem Beispiel der Franzosen zu folgen, um eine gezogene Muskete für Mine-Geschosse zu entwickeln. Dies führte zur ‚Pattern 1851 Rifle Musket‘.
Das zusätzliche Wort ‚Muskete‘ wurde auf Wunsch des zwischenzeitlichen greisen britischen Oberbefehlshabers Duke von Wellington, des Siegers von Waterloo 1815, hinzugefügt, um die neue Waffe bei der Truppe beliebter zu machen, da sie sich dann mit den Jägern und Schützen der Rifle-Brigaden auf gleicher Höhe sehen konnten. Der Begriff ‚Rifle Musket‘ wurde dann anschließend auch von den Amerikanern für die Gewehre mit Mine-Geschossen so übernommen.

Allerdings war die Pattern 1851 auch kein Erfolg, da sie wie die alte Muskete von 1842 aussah und das große Kaliber von 0,702 inch der Brunswick hatte. Trotzdem wurde das Gewehr bis 1855 hergestellt, aber es wurden nur 35.000 gebaut.

Bereits im Dezember 1852 wurde ein neues Geschoss des Büchsenmachers Pritchett aus London gefunden, welches eine Länge von 0,96 Zoll und einen Hohlboden hatte, der ohne Expansionsbecher auskam. Das Geschossgewicht entsprach dem Ideal von 480 Grains und bis zum Frühjahr 1854 wurde es perfektioniert.
So entstand die Pattern 1853 Rifle Musket zusammen mit dem neuen Geschoss, welche von der extra dafür neu eingerichteten Staatsfabrik in Enfield entwickelt worden war.

Die Übernahme des neuen Gewehres fiel etwa zeitgleich mit dem Ausbruch des Krimkrieges gegen Russland zusammen. Da die britische Armee dadurch gezwungen war, die Umrüstung für ihre Streitkräfte schnellstmöglich vorzunehmen, wurden Lizenzaufträge dafür nach Belgien, Nordamerika und an britische Privatfirmen vergeben.
Im Februar 1855 konnte dadurch die amerikanische Firma Robbins&Lawnrence in Windsor im Bundesstaat Vermont einen Auftrag über 25.000 Gewehre der Pattern 1853 erhalten. Davon wurden 16.000 Stück bis Juni 1858 an die britische Armee ausgeliefert und die anderen auf dem amerikanischen Privatmarkt verkauft.
Da die Gewehre aber in Enfield und Lüttich günstiger gebaut wurden, machte die Fabrik in Vermont bald danach pleite. Trotzdem fanden sich zu Beginn des Amerikanischen Bürgerkrieges noch einige ihrer Waffen im Staatsarsenal von Richmond, Virginia.

Von der langen Pattern 1853 (‚Dreiband-Muskete‘) wurden vier verschiedene Versionen hergestellt, welche sich nur in Kleinigkeiten unterschieden. Ab dem dritten Modell von 1858 wurde die ‚progressive Zugtiefe‘, welche die Treffergenauigkeit erheblich steigerte, eingeführt. Die letzte Version hatte dazu noch versenkte Schraubenköpfe der Baddeley-Patentlaufbänder.

konföderierte Feuerlinie
Nachstellung einer konföderierten Feuerlinie bei Saylers Creek (1865).

Spezifikationen Pattern 1853 Rifle Musket Cal.577

Die Pattern 1853 Rifle Musket Cal.577 wurde als ‚lange Enfield‘ bezeichnet und stellte die Masse der auf beiden Seiten der Front importierten englischen Infanteriegewehre. Ihre Gesamtlänge von 55 Zoll entsprach den Springfield-Musketen. Die Mehrzahl der im Amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzten Waffen war vom dritten Modell, mit abgerundeten Schraubenköpfen an der Messinggarnitur und hervorstehenden Schraubenenden an den eisernen Laufbändern.

Die Lauflänge betrug 39 Zoll (99,05 cm) mit drei Zügen und einer progressiven Zugführung mit einem Drall von einer Umdrehung auf 198 cm.

Die maximale Schussweite für das Visier betrug 900 oder 1.000 Yards. Ab dem vierten Modell waren es regelmäßig 1.000 Yards.

Zur Muskete gehörte ein Tüllenbajonett mit Dreikantklinge von 43 cm Länge. Mit dem aufgepflanzten Bajonett war die P/53 nahezu 1,84 Meter lang.


Quellenangaben und Literatur

Der US-Bürgerkrieg 1861-1865 – Soldaten, Waffen, Ausrüstung (Jan Boger)
Arms&Equipment of the Civil War (Jack Coggins)


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