Die deutsche Kriegsmarine bei Ausbruch des 2. Weltkrieg im September 1939.
Kriegsschiffe und Organisation.
Deutsche Kriegsmarine
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Der Vertrag von Versailles begrenzte strikt die Größe der deutschen Kriegsmarine und verbot den Entwurf oder den Bau von U-Booten, Flugzeugträgern oder schwerer Küstenartillerie. Die Größe neuer Kriegsschiffe wurde auf 10.000 Tonnen limitiert.
Hitler entschied sich bekanntlich dafür, die strengen Bedingungen des Vertrages zu ignorieren, war aber bestrebt, gute Beziehungen zu England aufrechtzuerhalten.
Am 18. Juni 1935 wurde der deutsch-englische Marinevertrag unterzeichnet, welcher die Kriegsmarine auf 35 Prozent der Stärke der englischen Royal Navy begrenzte. Der Vertrag erlaubte es Deutschland in diesem Rahmen alle Schiffsklassen zu bauen, die der Vertrag von Versailles verboten hatte, also auch U-Boote, Flugzeugträger und Schlachtschiffe über 10.000 Tonnen.
Ein ehrgeiziges Bauprogramm (der Z-Plan) wurde 1937 gestartet und im September 1939 sah die Kriegsmarine wie folgt aus:
Schiffe der deutschen Kriegsmarine
Schiffstyp | Anzahl | Schiffsklassen | im Bau |
---|---|---|---|
Schlachtschiffe | 2 | 2 Scharnhorst (Schlachtkreuzer) | 11 (nur 2 Bismarck fertig) |
alte Schlachtschiffe | 2 | 2 Schlesien (Linienschiffe) | - |
Panzerschiffe | 3 | 1 Deutschland, 2 Admiral Scheer | - |
Flugzeugträger | - | - | 2 (Graf Zeppelin, keiner fertig) |
Schwere Kreuzer | 2 | 2 Admiral Hipper | 3 (nur 1 fertig) |
Leichte Kreuzer | 6 | 1 Emden, 3 Königsberg, 1 Leipzig, 1 Nürnberg | 6 (keiner fertig) |
Zerstörer | 22 | 16 Leberecht Maass, 6 von Roeder | 12 |
Torpedoboote | 20 | 6 Möwe, 6 Wolf, 8 T1 | 13 |
U-Boote | 62 | 6 Typ IIA, 18 Typ IIB, 2 Typ IA, 10 Typ VIIA, 8 Typ IXA, 11 Typ VIIB, 7 Typ VIIC | 50 |
Deutsche Handelsflotte: etwa 400 Hochsee-Handelsschiffe (davon mehr als 3/4 in Übersee bei Kriegsausbruch).
Einzelbeschreibung von Schiffen der Kriegsmarine:
Organisation deutsche Kriegsmarine
Die Flottillen aus Minenräumern, Patrouillenbooten, Küstenschutzschiffen und Hilfsschiffen aller Art und Größe unterstanden der Marine-Sicherheitsabteilung. Als dritte Waffengattung, welcher die größte Bedeutung zukommen sollte und welche zugleich die größte Bedrohung für die alliierte Schifffahrt werden sollte, war das U-Boot-Kommando.
Freiwillige und Wehrpflichtige erhielten ihre Grundausbildung in Schiffsstamm-Regimentern, während die Unteroffiziere ihre Ausbildung in Marineunteroffizierslehrabteilungen erhielten.
Eine Reserve aus geschultem Personal wurde in Reserveeinheiten für die Verteilung für den Bedarfsfall bereitgehalten. Die Küsten Deutschlands und der besetzten Gebiete wurden von der Küstenartillerie und Flak-Artillerie-Bataillonen gesichert. Es gab keine Marinesoldaten als solche und Personal für kombinierte Unternehmungen oder Landungseinsätze wurde entweder aus der Schiffsbesatzung oder den Reserveeinheiten herangezogen.
Bis Mai 1941 hatte die Stärke der Kriegsmarine 404.000 Mann aller Ränge erreicht.
Anders als die meisten anderen Marinen, hatte die deutsche Kriegsmarine keine eigenen Flugzeuge. Ein Luftwaffengeneral wurde als Verbindungsoffizier zum OKM abgestellt und war verantwortlich dafür, die Marine mit den notwendigen Flugzeugen zu unterstützen. Der Führer der Marineluftstreitkräfte war Generalmajor Geissler und sowohl seine Flugzeuge auch als Männer wurden für die speziellen Aufgaben, welche sie durchzuführen hatten, sorgfältig ausgewählt.
Der Krieg begann zugleich mit bemerkenswerten Erfolgen und erheblichen Fehlschlägen. U-Boote erzielten ihre ersten großen Erfolge bei der Versenkung des britischen Flugzeugträgers Courageous und dem Schlachtschiff Royal Oak, aber die Magnetminen stellten für die Briten nur einen vorübergehenden Schock dar. Marineverbände spielten bei der Eroberung der polnischen Küstenbefestigungen auf der Westerplatte bei Danzig eine wichtige Rolle und deutsche Schiffe sicherten die Transporte und Anlandungen beim Unternehmen Weserübung in Norwegen. Dazu bedrohten die deutschen U-Boote die britischen maritimen Versorgungslinien.
Aber dabei verlor die Kriegsmarine drei wertvolle größere Kampfschiffe und 10 Zerstörer – und die entscheidende Schlacht im Atlantik sollte erst beginnen.
Deutsche Kriegsmarine im Atlantik
Im Jahr 1940 behauptete Admiral Karl Dönitz, der Befehlshaber der U-Boote, dass ‚das U-Boot alleine diesen Krieg gewinnen kann‘. Tatsächlich entwickelte sich die U-Bootwaffe zum größten Hindernis für den endgültigen Erfolg der Alliierten. Zum zweiten Mal innerhalb von nur 25 Jahren gelang es Deutschland fast, die alliierten Seeverbindungen zu unterbrechen.
Die deutsche U-Boot-Waffe, welche durch den Vertrag von Versailles verboten worden war, wurde nach der Unterzeichnung des deutsch-britischen Flottenvertrags von 1935 wieder legalisiert und reaktiviert.
Die U-Boot-Waffe der Kriegsmarine wurde organisiert unter dem ‚Führer der Unterseeboote‘, Admiral Karl Dönitz. Im Jahr 1939 gab es insgesamt 55 U-Boote, die in Flottillen von fünf bis acht Booten organisiert wurden, wobei einige nach U-Boot-Assen des Erster Weltkriegs benannt wurden.
Mit der Einführung der Wolfsrudel-Taktik im Jahr 1941 stieg die versenkte Tonnage stetig und das nachfolgende Jahr erwies sich als das erfolgreichste: 1942 versenkten die U-Boote 1.160 Schiffe mit insgesamt 6.266.215 Tonnen.
Allmählich jedoch verbesserte die Alliierten ihre Taktik und der Einsatz von Langstrecken-Patrouillenflugzeugen, Geleitflugzeugträgern und mit Radar ausgerüsteten Eskortschiffen begannen sich auszuwirken. Ab April/Mai 1943 sanken die Verluste der Alliierten, während die der U-Boote anstiegen. Von zuvor 13 % stieg die Verlustrate auf 30 % während des Mai an und so mussten die verbliebenen, etwa 16 U-Boote, aus der Schlacht um den Atlantik zurückgezogen werden.
Mitte 1943 war dann der Wendepunkt in der Schlacht im Atlantik. Die alliierten Offensiven – auch an Land – gewannen an Schwung, während der deutsche Versuch, das Gleichgewicht durch neue technische Innovationen und Taktiken wiederherzustellen, zu spät gekommen war.
Dennoch waren die deutschen U-Boote für den Verlust von 175 alliierten Kriegsschiffen und insgesamt 14 Millionen Tonnen Schiffsraum alliierter Handelsschiffe während des gesamten Krieges verantwortlich. Von 1.162 U-Booten wurden 785 vernichtet, 156 kapitulierten und der Rest wurde selbst versenkt.
Die typischen deutschen U-Boote, welche im Atlantik eingesetzt wurden, waren der U-Boot Typ VII. Dazu kamen noch die U-Boot Typ IXC und IXC/40 mit erhöhter Reichweite, welche mit vier Bug- und zwei Heck-Torpedorohre bewaffnet waren, 41 Torpedos mit sich führen konnten und bis zu drei Bordgeschütze und Flugabwehrkanonen hatten. Insgesamt 141 dieser Langstrecken-U-Boote wurden in Dienst gestellt und hatten eine Besatzung von 48 Mann.
Daneben wurden noch Kleinst-U-Boote entwickelt, welche eine Besatzung von bis zu sieben Mann hatten, um für Angriff auf Schiffe nahe der Küste oder gegen feindliche Häfen eingesetzt wurden.
1941 wurde die sogenannte ‚Rudeltaktik‘ – oder die ‚Wolfsrudel‘, wie sie von alliierten Schiffsbesatzungen genannt wurden – unter der direkten Leitung von Admiral Dönitz eingeführt.
Dabei patrouillierten Gruppen aus 15 bis 20 U-Booten auf den Seewegen, welche nach Großbritannien führten. Wenn ein U-Boot einen Konvoi gesichtet hatte, folgte es diesem, wobei es dessen Position, Kurs und Zusammensetzung an Dönitz Hauptquartier funkte und dabei lediglich Kontakt hielt. In der Zwischenzeit funkte das Hauptquartier die anderen U-Boote in der Nähe an und befahl ihnen, sich an einem bestimmten Punkt auf der Route des Konvois mit dem Fühlungsboot zusammenzutreffen.
Die Boote griffen dann gleichzeitig, aber unabhängig voneinander an und meldeten später ihren Erfolg, oder dessen Ausbleiben. Aufgrund dieser Informationen befahl Dönitz anschließend einen weiteren Angriff oder das Beziehen einer neuen Patrouillenlinie.
Auf diese Weise konnte Admiral Dönitz seine Kräfte optimal einsetzen. Allerdings hatte der damit verbunde, umfangreiche Funkverkehr jedoch auch Nachteile, denn die Schiffe der Royal Navy, welche mit Hochfrequenz-Peilsender ausgerüstet waren, konnten die sendenden U-Boote orten und ermöglichten es Geleitschiffen, sie anzugreifen und zu jagen.
Trotz entsetzlicher Verluste war die Moral der Männer der U-Boot-Waffe jedoch ungebrochen und sie kämpfte mit unnachgiebiger Disziplin und Effizienz weiter. Über 39.000 Offiziere und Männer dienten auf deutschen U-Booten und 32.000 wurden dabei im Kampf getötet, was der höchste Verlustanteil einer Waffengattung – egal aufseiten der Achsenmächte oder Alliierten – im Zweiten Weltkrieg war.
Die endgültige Niederlage der U-Boote hing nicht mit den Fähigkeiten oder dem Mut ihrer Besatzungen zusammen, sondern hatte die Ursache in den intensiven Maßnahmen und dem technischen Fortschritt, den die Alliierten zu ihrer Bekämpfung aufboten. Diesen konnte die deutsche Kriegsmarine erst bei Kriegsende durch revolutionäre, ‚echte‘ Unterseeboote wie vom Typ XXI Paroli bieten.
Bei den Überwasserschiffen der Kriegsmarine sah die Situation zu Beginn des Zweiten Weltkrieges noch ungünstiger als bei der U-Boot-Waffe aus. Da es im September 1939 viel zu wenig Kriegsschiffe gab, um die Herrschaft der britischen Royal Navy über die Meere infrage zu stellen, oder auch nur irgendwelche Frachtschiffe außerhalb der Nähe zu den von den Deutschen beherrschten Küsten zu eskortieren, was das Beste, was man hoffen konnte, die ‚Home Fleet‘ abzulenken und einige Schäden zuzufügen, um den wenigen Blockadebrechern Gelegenheit zu geben, deren Patrouillen zu entgehen.
Zwischenzeitlich sollten einige Handelszerstörer und Unterseeboote Operationen gegen die Handelsschiffe des britischen Weltreiches unternehmen.
Zum Zeitpunkt der britischen Kriegserklärung befanden sich die verfügbaren Überwasser-Handelszerstörer bereits auf See: das Westentaschen-Schlachtschiff Graf Spee im Südatlantik, während Deutschland nördlich des Äquators operierte.
Graf Spee zerstörte auf ihrer Kreuzfahrt im Südatlantik und Indischen Ozean insgesamt neun Handelsschiffe, versenkte sich aber nach dem Gefecht vor dem La Plata im Dezember 1939 selbst.
Nach dem Fall von Norwegen und Frankreich war der Atlantik aber deutlich leichter für die deutsche Kriegsmarine zu erreichen. Nun brachen auch umgebaute Handelsschiffe als getarnte Handelszerstörer auf die Weltmeere aus. Mit ihrer verdeckten Bewaffnung, welche bis zu der von Kreuzern entsprechen konnte, waren diese Hilfskreuzer in der Lage, feindlichen Patrouillen unauffällig zu entgehen oder diese – falls notwendig – niederzukämpfen, wenn sie aufgrund ihrer Bewaffnung überlegen waren, ohne dabei übermäßig Aufmerksamkeit zu erregen. Auch das Stellen feindlicher Frachtschiffe war aufgrund ihres unauffälligen Aussehens einfach.
Zwischen 1940 und 1942 wurden Schiffe wie die Thor, Atlantis und Pinguin, welche sogar die Walfangflotten in der Arktis angriffen, eingesetzt und versenkten dabei große Mengen an alliiertem Schiffsraum.
Am 8. Mai 1941 lief das Schlachtschiff Bismarck, in Begleitung des schweren Kreuzers Prinz Eugen, zu seiner ersten und einzigen Fahrt in den Atlantik aus. Obwohl Prinz Eugen dem Schicksal der Bismarck entging, wurde sie von der Royal Air Force im Hafen von Brest praktisch matt gesetzt, zusammen mit den Schlachtkreuzern Gneisenau und Scharnhorst.
Um weitere Angriffe der RAF zu verhindern, beschloss Hitler, die drei schweren Überwassereinheiten wieder nach Deutschland zurückzuführen, von wo sie aus nach Norwegen verlegt werden sollten, um dieses Gebiet besser schützen zu können.
Der ‚Kanaldurchbruch‘ vom Februar 1942 war eine der kühnsten deutschen Marineoperationen des Zweiten Weltkriegs, bei der eine kombinierte Luft-See-Operation eine wichtige Rolle spielte.
Obwohl die großen deutschen Kriegsschiffe nun ihre Aufmerksamkeit auf die Arktis-Konvois richten konnten, hatten sie nur wenige Erfolge. Nach der Versenkung der Scharnhorst im Dezember 1943 hatten die alliierten Geleitzüge ihre Ruhe von ihnen.
Das Schlachtschiff Tirpitz wurde später ebenfalls beschädigt und durch Angriffe von Flugzeugen und Kleinst-U-Booten außer Gefecht gesetzt. Sie hatte nur einmal im Gefecht ihre Geschütze abgefeuert, als sie eine Küstenartillerie-Stellung auf Spitzbergen beschoss. Schließlich kenterte sie nach einem Angriff von Avro Lancaster Bombern, nachdem sie aufgrund der Räumung Nordnorwegens weiter nach Süden als schwimmende Batterie verlegt worden war, wodurch sie in deren Reichweite geriet.
Zum Glück für die Alliierten erhielt die U-Boot-Waffe niemals die notwendige Unterstützung, welche das Zünglein an der Waage gewesen wäre. Denn ohne die Kontrolle über die Seewege nach Großbritannien und Westeuropa wäre eine ‚zweite Front‘ für die Angloamerikaner nur sehr schwierig zu realisieren gewesen.
Quellenangaben und Literatur
The Armed Forces of World War II (Andrew Mollo)
Flotten des 2. Weltkrieges (Antony Preston)
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