Vichy-Frankreich l‘ Armee de l‘ Armistice


Stärke und Organisation der l‘ Armee de l‘ Armistice von Vichy-Frankreich.
Vichy-französische Streitkräfte: Armee, Kolonialtruppen, Luftwaffe und Marine.

gefangengenommene Soldaten von Vichy-Frankreich
Von Amerikanern während des Unternehmen Torch in Nordwestafrika gefangengenommene Soldaten von Vichy-Frankreich.

Der Französisch-Deutsche Waffenstillstand vom 22. Juni 1940 teilte Frankreich in zwei Hälften. Der Norden und die Westküste sollten bis zum Kriegsende und eines nachfolgenden Friedensvertrages als Basis zum Kampf gegen England durch deutsche Streitkräfte besetzt bleiben, während Mittel- und Südfrankreich unbesetzte Zone wurden. Benannt nach der Stadt, welche der vorübergehende Regierungssitz sein sollte, wurde diese Zone Vichy-Frankreich genannt.

Streitkräfte von Vichy-Frankreich


Artikel IV des Waffenstillstandes genehmigte eine kleine französische Armee in der unbesetzten Zone (l‘ Armee de l‘ Armistice) sowie eine militärische Besatzung für die französischen Überseegebiete. Die Aufgabe dieser Streitkräfte war es, die innere Sicherheit zu gewährleisten und französisches Territorium gegen eventuelle alliierte Übergriffe verteidigen zu können, was zumindest theoretisch unter der deutschen Gesamtleitung erfolgen sollte.

Die Streitkräfte Vichy-Frankreichs in Syrien, Madagaskar und Dakar leisteten tatsächlich heftigen Widerstand gegen britische und frei-französische (General de Gaulle) Versuche, diese Gebiete zu übernehmen. Gegen die vorwiegend amerikanischen Landungen im Rahmen des Unternehmen Torch (Fackel) in Nordwestafrika war der Widerstand jedoch nur gering, was auch an den vorausgegangenen Niederlagen der Achsenstreitkräfte in Nordafrika (Schlacht von El Alamein) lag.

Nach der schnellen Aufgabe des französischen Widerstandes in Nordwestafrika war dem deutschen Oberkommando der Niedergang der Vichy-Regierung augenscheinlich und es setzte das Unternehmen ‚Anton‘ in Gang: am 11. November 1942 besetzten deutsche Truppen auch die unbesetzte Zone in Frankreich. Nach der deutschen Besetzung wurde die Armee de I‘ Armistice aufgelöst.


Vichy-Französische Armee

Die genaue Stärke der französischen Armee in der Heimat wurde auf 3.768 Offiziere, 15.072 Unteroffiziere und 75.360 Mann festgelegt, welche alle Freiwillige sein sollten. Daneben waren noch eine halb-militärische Gendarmerie von 60.000 Mann und Luftabwehr-Verbände von 10.000 Mann vorgesehen.

Trotz des Zustroms von Berufssoldaten von den Kolonialtruppen, welche ebenfalls im Rahmen des Waffenstillstandes reduziert werden mussten, gab es einen Mangel an Freiwilligen, sodass zunächst 50.000 Mann der im Jahr 1939 mobilisierten Streitkräfte weiterhin unter der Fahne dienen mussten, bis diese Quote erreicht war. Anfang 1942 wurden die Einberufenen schließlich entlassen, aber es gab immer noch zu wenige Freiwillige. Schließlich gelang es der Vichy-Regierung durch einen Appell an Deutschland, eine reguläre Form der Wehrpflicht wieder einzuführen.

Die Armee war in zwei Gruppen eingeteilt, jede aus vier Militärdivisionen, und bestand aus:

  • 18 Infanterie-Regimenter,
  • 11 Kavallerie-Regimenter,
  • 8 Artillerie-Regimenter,
  • 15 Bataillone von Chasseurs (Jäger).

Die Armee war aller ihrer Panzer und Panzerfahrzeuge beraubt und litt unter einem drastischen Mangel an Kraftfahrzeugen, insbesondere in den Kavallerie-Verbänden, welche eigentlich motorisiert sein sollten.


Kolonialtruppen

Marokkanischer Spahis
Marokkanischer Spahis der Vichy-französischen Streitkräfte, 1941.
Die französischen Territorien am Mittelmeer bestanden aus dem Departement von Algerien, dem Protektoraten Tunesien und Marokko sowie aus den Mandaten über Syrien und dem Libanon. Der Waffenstillstand forderte aufgrund italienischer Wünsche die Entmilitarisierung von Tunesien und eine allgemeine Verkleinerung der französischen Kolonialtruppen.
Vichy-Frankreich waren 55.000 Mann in Marokko und 50.000 Mann in Algerien erlaubt. Die französische Levante-Armee in Syrien und dem Libanon musste von rund 100.000 auf knapp unter 40.000 Mann verkleinert werden. Später wurden noch 15.000 Mann in Tunesien aufgrund alliierter Invasionsgefahren von den Italiener genehmigt.
Die Vichy-französische Armee der Levante beherrschte die Mandatsgebiete in Syrien und dem Libanon – und obwohl sie keine Angriffshandlungen gegen die Briten unternahm, bedrohte alleine ihre Präsenz die strategisch wichtigen und empfindlichen britischen Ölfelder und Erdölleitung aus dem Irak und Kuwait. So fiel eine gemischte alliierte Streitmacht am 8. Juni 1941 nach Syrien ein, denen sich die Vichy-französische Levante-Armee verbissen entgegenstellte. Der Widerstand wurde mit verbissener Härte geführt, besonders wenn Franzosen gegen Franzosen kämpften.


Als die Kämpfe in Syrien schließlich am 11. Juli 1941 endeten, hatten die Vichy-französischen Streitkräfte 6.000 Mann verloren, von denen 1.000 getötet worden waren. Insgesamt wurden 37.736 Soldaten gefangengenommen, aber nachdem sie vor die Wahl gestellt wurden, repatriiert zu werden oder sich den Truppen von General de Gaulle anzuschließen, nutzten nur 5.668 diese zweite Möglichkeit und alle anderen wurden nach Frankreich abtransportiert.


Miliz

Am 30. Januar 1943 wurde die paramilitärische Organisation Milice (Miliz) von Pierre Laval gegründet, um die ’neue Ordnung‘ im nun besetzten Vichy-Frankreich aufrechtzuerhalten. Dies brachte die Miliz zwangsläufig in direkte Konfrontation mit der Résistance, und sie wurde zur erbittertsten und am meisten verabscheuten kollaborierenden Organisation.

Die Miliz war territorial in Departements, Regionen und Zonen unter dem Oberbefehl eines Generalsekretärs (Joseph Darnand) mit Sitz in Vichy organisiert. Im Herbst 1943 hatte die Milice ihre maximale Stärke von 29.000 Mann erreicht, aber nur 10.000 waren aktiv, während der Rest entweder nur Beiträge zahlte oder nur in Teilzeit verwendet wurden.

Der militärische Arm der Milice war die Francs-Garde, die ab Juni 1943 auch eine reguläre und eine Teilzeit-Abteilung hatte. Die regulären Soldaten wurden bezahlt, kaserniert und von Oktober 1943 zunehmend bewaffnet. Sie überstieg aber nie eine Stärke von 2000 Mann.
Wie die deutschen paramilitärischen Formationen der Vorkriegszeit übernahm die Milice archaische Bezeichnungen für ihre Unterabteilungen. Die Grundeinheit war ein Fünf-Mann-Trupp Main, dann folgten eine Dizaine (zehn Mann), Trentaine (30 Mann), Centaine (100 Mann) und eine Cohorte (500 Mann). Von letzteren bildeten vier ein Centre von etwa 2000 Mann, was einem Regiment entsprach.

Je nach militärischer Lage konnten die Teilzeit-Mitglieder kurzfristig einberufen werden, und nach der alliierten Landung am D-Day wurden 3.000 Mann mobilisiert.


Phalange Africaine

Ende 1942 begann sich in Tunesien eine Einheit aus französischen pro-Achsen Freiwilligen zu bilden. Unter dem Kommando französischer Offiziere wurden etwa 300 Freiwillige (die Hälfte davon waren tunesische Araber) für die Phalange Africaine rekrutiert.
Am 7. April 1943 traf das erste Kontingent in der Stärke einer starken Kompanie an der Front bei Medjez el Bab ein. Nach einigermaßen guten Leistungen bei den erbitterten Abwehrkämpfen gegen britische Truppen wurde die Einheit bis zum 29. April praktisch ausgelöscht.
Am 8. Mai 1943 wurden die Überlebenden ausgezahlt und zum Untertauchen aufgefordert, während die Offiziere nach Vichy-Frankreich evakuiert wurden, wo einige weiterhin in der Miliz und der französischen Freiwilligenlegion dienten.


Vichy-Französische Luftwaffe

Curtiss Hawk Jagdflugzeuge der Vichy-französischen Luftwaffe
Curtiss Hawk Jagdflugzeuge der Vichy-französischen Luftwaffe über Dakar in Westafrika.
Als Folge britischer Luft- und Seeangriffe auf die französische Flotte in Mers-el-Kebir und die Angst vor Bombenangriffen auf Frankreich führten dazu, dass die deutsch-Italienisch-französische Waffenstillstandskommission den Franzosen erlaubte, einen Teil ihrer Luftwaffe weiterzuverwenden. Gleichzeitig wurde es Vichy-Frankreich erlaubt, Luftwaffenverbände in den Überseegebieten zu behalten, welche durch Angriffe der Alliierten oder – im Falle von Indochina – auch Japan bedroht waren.

In der unbesetzten Zone von Frankreich bestand die Vichy-französische Luftwaffe aus:


  • 6 Jäger-Gruppen,
  • 2 Nachtjäger-Staffeln (Escadrilles),
  • 6 Bomber-Gruppen,
  • 2 Schlachtflieger-Gruppen,
  • 3 Aufklärungsgruppen.

Eine Gruppe bestand in der Regel aus zwei Escadrilles (Staffeln), welche normalerweise über je 12 Flugzeuge verfügten. Eine Gruppe bestand nur aus Flugzeugen eines Typs (z.B. Jäger oder Bomber), konnte jedoch bei Bedarf zu Groupements zusammengelegt werden, sodass dieses über verschiedenartige Flugzeuge verfügte.
Nach der deutschen Besetzung von Vichy-Frankreich wurden alle verbliebenen Flugzeuge beschlagnahmt und die französische Luftwaffe aufgelöst.

Alarmiert durch den britischen Aufmarsch gegen Syrien wurden die dortigen Luftstreitkräfte durch drei Gruppen aus Frankreich und drei Gruppen aus Nordwestafrika bis Juni 1941 verstärkt, was eine Gesamtzahl von 289 Flugzeuge ergab: 3 Jäger-Gruppen, 4 Bomber-Gruppen und eine Bomberstaffel (Escadrille), 1 Aufklärungsgruppe, 6 Gruppen Armee-Verbindungsflugzeuge, 2 Transportgruppen, 1 Flottille und 4 Staffeln (Escadrilles) Marineflugzeuge.

Während die Landstreitkräfte Vichy-Frankreichs nicht viel dazu beitrugen, den anglo-amerikanischen Truppen bei dem Unternehmen Torch Widerstand zu leisten, war die französische Luftwaffe dagegen schwer engagiert. Entschlossene Kampfeinsätze wurden bis zum 11. November 1942 geflogen, ehe ein Waffenstillstand zwischen den französischen und alliierten Truppen vereinbart wurde. Die Mehrzahl der verbliebenen französischen Flugzeuge wechselte anschließend in das alliierte Lager und schloss sich den Frei-Franzosen an.

Bei Beginn des Unternehmens Torch befanden sich etwa 500 Flugzeuge in Französisch-Nordwestafrika:
In Marokko waren zwei Jäger-, zwei Aufklärungs- und vier Bombergruppen sowie zwei Flotilles von Marineflugzeugen und zwei Transportgruppen.
In Algerien bestand die Vichy-französische Luftwaffe aus drei Jäger-, einer Aufklärungs- und drei Bombergruppen zusammen mit einer Flottille aus Marineflugzeugen.
In Tunesien befand sich eine kleine Präsenz aus einer Jäger-, zwei Bomber- und einer Aufklärungsgruppe mit einer Einheit von Flugbooten der Marine.


Vichy-Französische Marine

Schlachtschiff Richelieu
Das Vichy-französische Schlachtschiff Richelieu, welches nach der Dakar-Expedition erheblich beschädigt ist.

Im Rahmen des deutsch-französischen Waffenstillstandes hatte sich die französische Marine verpflichtet, ihre Schiffe unter der Kontrolle der Achsenmächte zu behalten und sie unter deutscher oder italienischer Aufsicht zu entwaffnen. Wenige Anstrengungen von allen Beteiligten wurden gemacht, diese Vereinbarung des Waffenstillstandsabkommens umzusetzen und den Achsenmächten genügte es offenbar, wenn die französischen Schiffe weiterhin in französischen Händen blieben, solange sie dadurch den alliierten Streitkräften entzogen waren.
Obwohl die französische Marine nicht die Absicht hatte, ihre Schiffe den Achsenmächten zu überlassen, überfielen die Briten und Frei-Franzosen Mers-el-Kebir und Dakar, was dazu führte, dass die Marine eine feindselige Haltung gegenüber den Alliierten einnahm.

Während dem Unternehmen Torch befanden sich die Marineeinheiten von Vichy-Frankreich in Nordwestafrika bei Bizerta und Oran, wo es nur einige Unterseeboote und Zerstörer gab, zudem einen 15-cm-Kreuzer, Zerstörer und ein nicht fahrbereites Schlachtschiff (welches allerdings seine Geschütze einsetzen konnte) in Casablanca, zusammen mit einem Schlachtschiff und drei Kreuzern in Dakar.

Das Ende der Marine von Vichy-Frankreich kam dann abrupt, als die Deutschen die ‚Freie Zone‘ im November 1942 besetzten. Anfangs machten die deutschen Truppen nicht den Versuch, Toulon mit seiner Flotte unter Kontrolle zu bringen. Doch am 27. November wurde auch der Hafen besetzt, worauf die Franzosen mit der Selbstversenkung ihrer Schiffe antworteten. Mehr als 70 Kriegsschiffe – einschließlich 3 Schlachtschiffe, 7 Kreuzer, 32 Zerstörer und 16 U-Boote -, wurden versenkt, zerstört oder schwer beschädigt.


Quellenangaben und Literatur

The Armed Forces of World War II (Andrew Mollo)
World War II – A Statistical Survey (John Ellis)
The Tunesian Campaign (Charles Messenger)
The Desert War (Andrew Kershaw, Ian Close)
Der Grosse Atlas zum II. Weltkrieg (Peter Young)
Flotten des 2. Weltkrieges (Antony Preston)


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