1. SS-Panzer-Division Leibstandarte-SS Adolf Hitler (LSSAH bzw. LAH).
Hier zum vorherigen Teil: Ausbau zur Panzergrenadier-Division und die Einsätze an der Ostfront 1943/44: Leibstandarte SS Adolf Hitler.
1. SS-Panzer-Division Leibstandarte-SS Adolf Hitler
Seit dem 22. Oktober 1943 wurde die Panzergrenadier-Division LSSAH schließlich auch so bezeichnet, was sie bereits auch schon zuvor eindeutig war: als SS-Panzer-Division.
Stärke als Panzer-Division (1944)
Gesamtstärke: 19.000 Mann.
Infanterie-Stärke
2 motorisierte Infanterie-Regimenter (zumeist mit Schützenpanzern), jedes mit 3 Bataillonen (gegenüber 2 in Wehrmacht-Divisionen).
Panzer-Ausstattung
1 Panzer-Regiment (10 Kompanien, einschließlich einer mit Tiger-Panzer; Sollstärke 1944 je 12 Panzer), 1 Artillerie-Batterie (12 Stück) mit Hummel Selbstfahrlafetten, von 1944 an 3 Züge Panzerjäger mit StuG 40 (12 Stück), drei Sturmgeschütz-Batterien (18 Stück).
Sollstärke (1944): 162 Panzerfahrzeuge, Sturmgeschütze/Jagdpanzer und Selbstfahrlafetten. Hinzu kommen Schützenpanzer für eines der Panzergrenadier-Regimenter.
Normandie 1944
Jedoch beharrte Adolf Hitler darauf, dass die Normandie-Landungen vom 6. Juni nur ein Ablenkungsmanöver für das eigentliche Ziel am Pas de Calais waren, und so wurde die 1. SS-Panzer-Division Leibstandarte-SS Adolf Hitler volle 23 Tage als Reserve zurückgehalten.
Auch wenn Teile früher ins Gefecht geworfen wurden, war die Division als ganzes erst am 6. Juli im Einsatz.
Herangeführt in die Front um Caen herum stand die LSSAH in zahlreichen verzweifelten Abwehrkämpfen gegen einen zahlenmäßig und materiell überwältigenden Gegner, welcher zudem noch die absolute Luftüberlegenheit genoss und oft die vernichtende Schiffsartillerie der alliierten Flotte zum Tragen bringen konnte.
Dabei kam es zu heftigen Gegenangriffen und Abwehrkämpfen in der Gegend südlich von Caen und östlich des Fluss Orne. Das Tiger-Ass Wittmann von der 101. schwere SS-Panzer-Abteilung (I. SS-Panzerkorps Leibstandarte) bei Villers-Bocage eigenhändig einen britischen Umgehungsversuch zur Einschließung deutscher Panzer-Divisionen und Eroberung von Caen.
Die Division stand Mitte Juli im Zentrum der Abwehrschlacht, direkt südlich von Caen. Dabei wurden am 17. Juli bei Cagny und Frenouville rund 100 alliierte Panzer vernichtet. Es folgte ein erfolgreicher Abwehrkampf gegen einen Durchbruchsversuch der britischen 2. Armee bei Caen während der Operation ‚Goodwood‘ bis zum 20. Juli.
Nach dem alliierten Angriffsunternehmen ‚Cobra‘ bei St. Lo-Periers und dessen Durchbruch auf Avranches am 30. Juli führte die LSSAH einen Gegenangriff aus der Gegend nordwestlich von Mortain gegen den alliierten Schlauch um Avranches. LSSAH wurde dort jedoch mit hohen Panzerverlusten durch Jagdbomber-Angriffe von Hawker Typhoons festgenagelt.
Der Ausbruch der Restkampfgruppe erfolgte über Chambois und Trun und dann das Absetzen auf die Seine nördlich von Paris. Der Flussübergang gelang bei Elbeuf (Rouen) und der Rückzug der Restkampfgruppe LSSAH durch Nordfrankreich und Belgien bis hinter die Maas, bei Charleville.
Ab dem 15. September wurde die Division zur Auffrischung in Deutschland aus der Front gelöst. Dabei war der Ersatz – wie schon einmal zuvor im Frühjahr 1943 – nicht von der Qualität, mit dem die LSSAH ursprünglich in den Krieg gezogen war. Es waren darunter viele Angehörige der Luftwaffe und Kriegsmarine, sowie später auch sogenannte ‚Volksdeutsche‘ aus Südosteuropa.
Zwischenzeitlich (von August 1944 bis Januar 1945) befand sich die Masse der SS-Sturmgeschütz-Abteilung 1 der LSSAH im Einsatz im Kurland.
Ardennen
Die folgenden, letzten Kriegsmonate verliefen für die Leibstandarte wie in einem einzigartigen Rausch aus aufeinanderfolgenden Einsätzen und Gefechten.
Die ‚Kampfgruppe Sandig‘ hatte den Rest des SS-Panzergrenadier-Regiment 2 und die ‚Kampfgruppe Hansen‘ bestand aus dem SS-Panzergrenadier-Regiment 1 mit zusätzlicher Artillerie- und Panzerabwehr-Unterstützung.
Die ‚Kampfgruppe Knittel‘ hatte das Aufklärungs-Bataillon, mit Unterstützung durch Artillerie und die Pioniere.
Aufgabe dieser Kampfgruppen war es, führende Rollen bei der Ardennen-Offensive zu spielen.
Das Gelände, über welches sie vorrücken sollten, war für die schweren Königstiger völlig ungeeignet. Schmale, verschneite Straßen und Wege erschwerten den Fortschritt und Peipers Kolonnen fanden sich immer wieder in Verkehrsstaus feststeckend.
Auftretende Benzinknappheiten konnten vorübergehend durch die Erbeutung amerikanischen Treibstoffs und der Eroberung des Treibstoffdepots bei Büllingen am 17. Dezember abgewendet werden. Daraufhin machte Peipers Kampfgruppe tatsächlich Fortschritte über Ligneuville und Stavelot. Bei der Kreuzung von Baugnez bei Malmedy erschossen an diesem Nachmittag jedoch SS-Wachen, welche Kriegsgefangene zurückführen sollten, 83 amerikanische Soldaten.
Die Vorausabteilung der Kolonne geriet am nachfolgenden Tag, dem 18. Dezember, wieder in Schwierigkeiten, als zwei von drei Brücken über die Ambleve bei Trois Ponts kurz vor dem Eintreffen der SS-Soldaten gesprengt worden waren. So war Peiper gezwungen, über La Gleize auszuweichen, um die intakt eroberte Brücke bei Cheneux zu benutzen. Aber die Auflichtung des bisher dichten Nebels führte nun zu alliierten Luftangriffen.
Obwohl Peiper inzwischen durch die Kampfgruppe Knittel verstärkt wurde, geriet sein Vormarsch nun wieder ins Stocken. Jedes Mal, wenn eine mögliche Route aus dem Ambleve-Tal gefunden wurde und die deutschen Soldaten zu einer unbeschädigten Brücke hetzten, verstärkte sich der amerikanische Widerstand.
Nach einem erbitterten Gefecht eroberte Peiper am 19. Dezember Stoumont und Cheneux trotz heftiger amerikanischer Gegenangriffe, was auf beiden Seiten zu hohen Verlusten führte.
Bis zum 24. Dezember hatte Peiper fast seinen gesamten Treibstoff und Munition aufgebraucht. Er hatte kaum noch Hoffnung, weiter vorzustoßen und befand sich in großer Gefahr, abgeschnitten zu werden.
Daher ließ er eine Nachhut zurück, um den Gegner aufzuhalten und ließ seine gesamte schwere Ausrüstung zerstören. Dann begann er mit dem Rückzug und erreichte den Fluss Salm, wo auch die Masse des nach vorne marschierenden I. SS-Panzerkorps am nächsten Tag eintraf.
Am 29. Dezember wurde den verschiedenen Kampfgruppen der Leibstandarte befohlen, von der nördlichen Flanke des Keils der Ardennen-Front zu südlichen zu marschieren. Der frische Angriff von den Resten der LSSAH dort machte wenig Geländegewinne und befand sich bald in Abwehrkämpfen gegen Pattons Angriffsspitzen im Raum Bastogne.
So wurde die Division ab dem 1. Januar 1945 aus der Front gezogen, um sich für die nächste geplante Gegenoffensive vorzubereiten. Sie erreichte Mitte Januar die Eifel, wo eine kurze, frontnahe Auffrischung erfolgte.
Ungarn und Österreich 1945
Im Bahntransport wurde die Division ab Ende Januar nach Westungarn in der Gegend des Plattensees zur Heeresgruppe Süd verlegt. Dort war das Unternehmen ‚Frühlingserwachen‘ geplant, dessen Ziel die Rückeroberung von Budapest und das Erreichen der Donau in diesem Gebiet war, sowie die Sicherung der dortigen, wichtigen Erdölfelder. Die Leibstandarte war Teil des II. SS-Panzerkorps der 6. SS-Panzer-Armee, welche von ihrem ehemalige Divisionskommandeur ‚Sepp‘ Dietrich befehligt wurde.
LSSAH traf bis zum 14. Februar an der Ostfront nördlich der Donau ein. Ziel war erst einmal, dem Feind einen Brückenkopf über den Gran zu entreißen und dafür stieß LSSAH über Kis-Ujfalu/Köbölkut und Gywa/Muszia auf Parkany/Ebed vor. Es folgte die Bereinigung des sowjetischen Gran-Brückenkopfs durch Angriff auf Kemend-Beny bis zum 25. Februar.
Anschließend erfolgte der Abmarsch nach Süden in die Gegend nördlich von Polgardi am Plattensee, wo die Versammlung und eine kurze Auffrischung zum Angriff in Richtung Donau im Rahmen Unternehmens ‚Frühlingserwachen‘ erfolgte.
Das Frühlingstauwetter hatten die Straßen östlich des Plattensees in eine Schlammwüste verwandelt und abseits der Straßen war das Gelände noch schwerer zu benutzen.
Deshalb wurde für den Morgen des 6. März 1945, dem Beginn der eigentliche Offensive, kein Unterstützungsfeuer der Artillerie gegeben. In dem vergeblichen Versuch, den Überraschungsmoment trotzdem noch zu wahren, mussten einige Truppenteile ihren Vormarsch bis zu 18 Kilometern hinter der Frontlinie beginnen. Dies führte dazu, dass sie schon bei Erreichen der Front fast erschöpft waren.
Die Panzer der Leibstandarte begannen praktisch sofort im tiefen Morast ins Stocken zu geraten, wobei einige bis zum Turmkranz im Schlamm versanken. Trotz all dieser Schwierigkeiten griffen die SS-Männer mit ihrer bekannten Aggressivität an, aber die Fortschritte waren mühsam und langsam. Nur drei Kilometer konnten am ersten Tag überwunden werden.
Bis zum 11. März hatten die Waffen-SS-Verbände die Ortschaften Simontornya und Azora genommen und wehrten entschlossene russische Gegenangriffe ab.
Obwohl sie erschöpft waren, setzten sie den Vormarsch fort und überschritten den Sio-Kanal.
Trotz des allgemein langsamen Vorrückens der deutschen Einheiten stach das Aufklärungsbataillon der LSSAH unter Joachim Peiper wieder hervor. Sie drangen 72 km weit in das feindliche Gebiet ein und überwanden nahezu zweidrittel der Distanz nach Budapest.
Aber ihre Hoffnung, dass die Masse der deutschen Truppen sich zu ihnen nach vorne durchkämpfen und weitere Unterstützung geben konnte, wurde durch eine gewaltige Gegenoffensive der 2. ukrainischen Front unter Tolbuchin zunichtegemacht.
Obwohl die deutschen Verbände gut standhielten, nützte dies nichts, da sich die verbündeten ungarischen Truppen an ihrer Flanke auflösten.
So mussten die SS-Divisionen ab dem 18./19. März 1945 zurückgenommen werden und in der Gegend um Stuhlweißenburg, der Haupteinfallsroute nach Wien, neu gruppiert zu werden. Zum Glück für die deutschen Truppen hatten die gleichen schlechten Straßen- und Wetterbedingungen, welche ihren eigenen Vormarsch so erschwert hatten, genauso die Rote Armee bei ihrer Gegenoffensive behindert. Dadurch konnten sich die Reste der LSSAH relativ ordentlich zurückziehen, was durch eine Reihe von erfolgreichen Rückzugsgefechten gedeckt wurde.
Das Scheitern der Offensive und unbegründete Gerüchte, welche von führenden Offizieren der Wehrmacht über mangelnde Entschlossenheit der SS-Truppen gestreut wurden, machten Hitler wütend. Den Waffen-SS-Truppen Feigheit unterstellend, befahl er das Manschettenband mit seinem Namen von den Uniformen der Leibstandarte zu entfernen.
Trotz der apokryphe Märchen, dass Dietrich und seine Offiziere ihre Manschettenbänder in einem Schamottentopf an Hitler zurückgeschickt hätten, ist die Wahrheit, dass Dietrich sich einfach weigerte, den Befehl durchzuführen. Dazu gehört auch, obwohl dieser Befehl eine herbe Beleidigung für die Männer gewesen wäre, sie aus praktischen Gründen diese Manschettenbänder im Feld sowieso schon gar nicht mehr führten, um sich gegenüber den Sowjets nicht zu verraten.
Ende März kämpften die isolierten Kampfgruppen der Division weiterhin entschlossene Rückzugsgefechte, während sie sich langsam in Richtung Wiener Neustadt zurückzogen. Bis Anfang April war die Leibstandarte auf zwei kleine Kampfgruppen zusammengeschmolzen, welche die Linie von dort bis nach Wien hielten. Dabei wehrten sie erfolgreich mehrere starke russische Angriffe ab, bevor sie sich absetzten.
Zu diesem Zeitpunkt bestand die gesamte Division aus nur noch 1.600 Offizieren und Mannschaften, sowie 16 Panzern. Dies war weniger als zehn Prozent der Sollstärke.
Sie kämpften sich schrittweise durch Österreich in den letzten Wochen des Krieges zurück. Bis Mitte April befanden sich die Überlebenden in der Gegend um Mariazell. Als das Kriegsende am 8. Mai kam, setzten sie sich in Richtung der Amerikaner ab, um den Schicksal der weniger glücklichen Soldaten der Waffen-SS zu entgehen, welche in die rachedurstigen Hände der Sowjets fielen.
Ende der LSSAH
Die 1. SS-Panzer-Division LSSAH ging am 8. und 9. Mai 1945 in der Gegend westlich von Erfa und südostwärts Linz in Österreich in US-Kriegsgefangenschaft. Die Mehrzahl der Führer und Unterführer wurde bis 1950 interniert. Da die Division sowohl an der West- als auch an der Ostfront im Einsatz stand, wurden die Überlebenden – im Gegensatz zu denen von der 3. SS-Panzer-Division Totenkopf und der Panzer-Division ‚Führer-Grenadier-Division‘ – nicht an die Rote Armee in Österreich ausgeliefert.
Die Leibstandarte entwickelte sich aus einer ‚Parade-Truppe‘, welche anfangs mit einiger Verachtung bei der Generalität angesehen wurde, zur höchsten angesehen Kampfeinheit der deutschen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg.
Trotz zahlreicher Kriegsverbrechen einiger Verbände der Waffen-SS, besteht kein Zweifel, dass die LSSAH in der Frage der Kampfkraft wohl kaum von einer anderen Division übertroffen wurde. Insgesamt 52 Soldaten der LSSAH erhielten das Ritterkreuz.
Quellenangaben und Literatur
Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939-1945 (Bundesarchiv-Militärarchiv und Arbeitskreis Wehrforschung)
Die gepanzerten und motorisierten deutschen Grossverbände 1935-1945 (Rolf Stoves)
The Waffen-SS (Martin Windrow)
Waffen-SS Encyclopedia (Marc J. Rikmenspoel)
Hitler’s Elite – The SS 1939-45 (Chris McNab)
Waffen SS in Action (Norman Harms)
Into the Abyss – The last years of the Waffen-SS (Ian Baxter)
Waffen SS in Russia (Bruce Quarrie)
Waffen-SS (1) Forging an Army 1934-1943 (Robert Michules, Ronald Volstad)
Waffen-SS – From Glory to Defeat 1943-1945 (Robert Michulec, Ronald Volstad)
The Waffen-SS (1) – 1. to 5. Divisions (Gordon Williamson)
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