Stärke und Organisation der Armee, Kolonialtruppen und faschistischer Miliz von Italien beim Kriegseintritt im Jahr 1940.
Die italienische Armee im ersten Kriegsjahr 1940/41.
Italienische Armee
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Während des 1. Weltkrieg erlitt die italienische Armee schwere Verluste für nur geringe territoriale Gewinne, und gemeinsam mit anderen Armeen der kriegführenden Staaten wurde diese nach dem Waffenstillstand von 1918 im Umfang und im öffentlichen Einfluss drastisch reduziert.
Doch die Entwicklung zum faschistischen Ständestaat in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts sah eine Wiederbelebung des Einflusses der Armee. Der neue Führer Italiens, Benito Mussolini, vereinte einen autoritären Stil in der Innenpolitik mit einer aggressiven Außenpolitik. Die Armee wurde vergrößert und wurde zum Instrument von Mussolinis territorialen Ambitionen. Im Jahr 1935 überfiel Italien dann Äthiopien und besetzte im April 1939 Albanien.
Trotz der grandiosen Ansprüche Mussolinis, besaß Italien nicht die Voraussetzungen, um einen erfolgreichen Krieg zu führen. Die Bevölkerung befand sich in einem apathischen Zustand, es bestanden gravierende Mängel an strategisch wichtigen Rohstoffen und die Armee befand sich in einem jämmerlichen Zustand, da die nötigen Waffen und Ausrüstungen fehlten und ungenügend moderne Techniken der Kriegsführung vorbereitet wurden.
Italiens Eintritt in den 2. Weltkrieg, welcher mit dem kurzen Feldzug gegen Frankreich vom 10. bis 25. Juni 1940 begann, war ein demütigendes Fiasko und teilweise dadurch hervorgerufen, dass die strategischen Planungen des Generalstabes auf das Mittelmeer konzentriert waren und dieser durch die Anordnung einer Kriegsführung in den Alpen aus dem Gleichgewicht geriet. Die Armee erlitt mehr als 4.000 Verluste in diesem kurzen Feldzug, während die französische Armee nur knapp über 200 Mann einbüßte.
Ein weiterer militärischer Rückschlag erfolgte ein paar Monate später, als italienische Armeen in der Stärke von 160.000 Mann Griechenland von dem kürzlich erst besetzten Albanien aus erobern wollten. Sehr zur Überraschung der Italiener, ja eigentlich für die ganze Welt, konnte die griechische Armee den schlecht geplanten Angriff zurückschlagen.
Ostafrika wurde dann zum Schauplatz einer weiteren Katastrophe. Die italienische Armee in Ostafrika (Africa Orientale Italiana oder kurz AOI) war zwar mit einer Stärke von 88.000 Italienern und 200.000 Mann Kolonialtruppen auf dem Papier beeindruckend, aber es gab viele Schwächen. Die Artillerie war veraltet und die Reserven an Ausrüstung, Nachschubgütern und Munition waren so gering, dass der Herzog von Aosta als Vizekönig von Äthiopien und Oberbefehlshaber dieser Armee schätzte, dass er im Kriegsfalle höchstens nur sechs bis sieben Monate durchhalten könnte. Am 19. Januar 1941 begannen die ersten britischen Truppen in Äthiopien einzufallen und innerhalb von vier Monaten musste der Herzog von Aosta mit fast allen seinen Truppen gegenüber den Siegern kapitulieren.
In Libyen traf Italien ein weiteres Desaster: acht Divisionen wurden zerschlagen und 130.000 Mann durch Wavells Offensive zu Beginn des Jahres 1941 gefangengenommen. Die Ankunft des Deutschen Afrikakorps im Februar 1941 verhinderte zwar den völligen Zusammenbruch, aber von nun an spielte die italienische Armee bei den gemeinsamen Operationen eine untergeordnete Rolle.
Der nominelle Oberbefehlshaber der italienischen Armee war seine Majestät König Emmanuel III, obwohl der größte Teil seiner Verantwortung vom Staatschef Benito Mussolini übernommen wurde. Unter Mussolini befand sich das Oberkommando (Commando Supremo), ein organischer Stab, welcher durch die jeweiligen Verteidigungsministerien (Luftfahrt-, Marine- und Kriegsministerium) und über die verschiedenen Oberkommandos (Heeresgruppe West, Albanien, Ostafrika, Ägäis und Libyen) funktionierte.
Im Jahre 1940 befanden sich mehr als 2 Millionen Italiener unter Waffen und die 73 Divisionen der Armee setzten sich wie folgt zusammen:
- 59 Infanterie-Divisionen,
- 6 Alpini-Divisionen (Gebirgsjäger),
- 3 Mobile (Celere) Divisionen,
- 2 motorisierte Infanterie-Divisionen,
- 3 Panzer-Divisionen.
Zusätzlich gab es noch Grenztruppen, deren Zahl etwa der Stärke von neun Divisionen entsprach. Obwohl auf dem Papier eine beeindruckende Streitmacht hatten nur wenige dieser Divisionen ihre vollständige Ausrüstung und Mannschaftsstärke.
Während die Division die grundlegende Formation der italienischen Armee war, gab es noch eine Reihe von Truppenverbänden, welche auf Korps- oder Armee-Ebene organisiert waren und im Wesentlichen als Reserven dienten.
Die italienische Infanterie-Division wurde als ‚binäre‘ Division (divisione binaria) bekannt, da sie um zwei Infanterie-Regimenter herum gebildet wurde. Vom 1. März 1940 an wurde eine Schwarzhemden-Legion aus zwei Bataillonen bei den meisten Divisionen hinzugefügt, teils um die Mannschaftsstärke der Division zu erhöhen, aber auch um faschistische Truppen in reguläre Armee-Formationen zu infiltrieren.
Eine Reihe der Infanterie-Divisionen wurden als Gebirgs-Divisionen bezeichnet und waren teilweise für den Gebirgskrieg ausgerüstet. Der einzige Unterschied in ihrer Organisation gegenüber der regulären Infanterie-Division war das Artillerie-Regiment, welches aus zerlegbaren 75-mm-Haubitzen bestand. Trotz eines hohen Anteils von Mulis waren die Soldaten dieser Divisionen aber jedoch nicht besonders für den Gebirgskrieg ausgebildet.
Die tatsächlichen Gebirgstruppen waren die Alpini-Divisionen, dessen Personal aus den italienischen Hochgebirgsregionen stammte. Sie waren von überlegener Qualität, hervorragend im Gebirgskrieg und der damit notwendigen Ausrüstung ausgebildet.
Die Alpini-Divisionen unterschieden sich von den regulären Infanterie-Formationen darin, dass jedes der Regimenter seine eigenen Abteilungen an Artillerie, Pionieren und Unterstützungsdiensten hatte. Dies machte das Regiment unabhängig und versetzte es in die Lage, für eine gewisse Zeit alleine zu operieren, was im Gebirgskrieg nichts Ungewöhnliches war.
Die Mobilen Divisionen waren ehemalige Kavallerie-Formationen, welche einen gewissen Grad an Mechanisierung erreicht hatten. Sie waren zur Aufklärung oder Unterstützung vorgesehen und opferten für Beweglichkeit die Feuerkraft. Die Division war 7.739 Mann stark und verfügte noch über zwei Kavallerie-Regimenter zu je 878 Mann, hatte aber auch eines der Elite-Bersaglieri-Regimenter mit 2.727 Mann und leichte Panzer.
Das Panzer-Regiment hatte drei, manchmal sogar bis zu fünf Panzer-Bataillone zu je 55 Panzer. Neben dem Artillerie-Regiment, welches teilweise Selbstfahrlafetten auf der Grundlage des M13/40-Fahrgestells erhielt, gab es auch ein Regiment Bersaglieri.
Trotzdem konnte sich die italienische Panzer-Division in Fragen der Ausrüstung weder mit einer deutschen Pnazer-Division noch einer britischen ‚Armoured Division‘ messen.
Die Alpini-, Fallschirmjäger- und Bersaglieri-Regimenter waren oft von höchster Qualität, aber die meisten Infanterie-Einheiten waren schlecht ausgerüstet und mangelhaft versorgt.
Kolonialtruppen
Als eine Kolonialmacht setzte Italien Kolonialtruppen für eine Reihe von Aufgaben ein. Die besten Truppen für den Wüstenkrieg waren die Sahariani, welche vollständig mechanisiert waren und über ihre eigene, motorisierte Artillerie verfügten. Die meisten der Kolonialtruppen von Italien waren jedoch schlecht bewaffnet und nicht ausgebildet für die moderne Kriegführung.
In Libyen wurde das Königliche Korps der Libyschen Truppen aufgestellt, bestehend aus Infanterie und Kavallerie. Deren zwei Infanterie-Divisionen wurden in den Kämpfen von 1940/41 zerstört und nur teilweise wieder als reine Verwaltungsdepots aufgestellt. Die Kavallerie war organisiert aus Gruppen von Schwadronen zu je 150 Mann.
Die motorisierten Sahara-Truppen (Compagnia Sahariana) bestanden aus sechs Kompanien und waren wie folgt gegliedert:
der Hauptquartier-Zug,
zwei oder drei Maschinengewehr-Züge,
ein Zug aus Panzerabwehrkanonen,
eine Aufklärungsabteilung aus zwei oder drei Ghibli-Flugzeugen.
Die Stärke der Kompanie bestand aus 147 Mann, 20 Transportfahrzeugen, acht Maschinengewehren und zwei 47-mm-Panzerabwehrkanonen.
Mit auf Kamelen berittene Soldaten dienten bei den Sahara-Truppen als Wüsten-Patrouillen und bestanden aus zwei Kompanien, jede zu 280 Mann, vier Maschinengewehren und 12 automatischen Gewehren.
Faschistische Miliz MVSN
Was in Nazi-Deutschland die Waffen-SS war, das war in Italien in etwa die faschistische Miliz (Milizia Volontaria Per La Sicurezza Nationale oder kurz MVSN), im Volksmund die sogenannten ‚Schwarzhemden‘. Diese faschistische, paramilitärische Organisation wurde 1922 von Mussolini aus ehemaligen Soldaten, den sogenannten Squadristi, gegründet.
Der kommandierende General der MVSN war Mussolini persönlich, die ausführende Leitung hatte jedoch ein Stabschef, welcher im Kriegsfall unter den Befehl der italienischen Armee gestellt wurde. In Anlehnung an die antike römische Armee übernahm die MSVN deren Bezeichnungen für ihre Organisation:
Zona (Division), Gruppo (Brigade), Legion (Regiment), Coorte (Bataillon), Centuria (Kompanie), Manipolo (Zug), Squadra (Gruppe).
Die Miliz war in 14 Kommando-Zonen (entsprach in etwa den Armeekorps-Heimatbereichen) organisiert und es gab 133 Legionen mit jeweils zwei Bataillonen (eines für Männer im Alter von 21 bis 36 Jahren und ein zweites Heimat-Bataillon für Männer im Alter bis zu 55 Jahren). Die Sollstärke einer Legion betrug 1.300 Mann, aber die meisten Legionen war aus dem einen oder anderen Grund unterbesetzt. Bei Ausbruch des Krieges waren schätzungsweise insgesamt 340.000 Mann in den Legionen organisiert.
Zu Beginn des Krieges wurden drei ‚Schwarzhemden-Divisionen‘ gebildet, während eine Anzahl von Bataillonen zur Verstärkung der Infanterie-Divisionen verwendet wurde. Schwarzhemden kämpften in Äthiopien und Spanien, sowie an allen Fronten im 2. Weltkrieg, an denen italienische Verbände standen.
Die verbleibenden Milizsoldaten dienten in Hilfseinheiten der Armee oder in besonderen Milizverbänden, z.B. bei der Eisenbahn, Häfen, Post und Telegrafen, Forstwirtschaft, Flugabwehr- und Küstenbatterien, Grenztruppen und als Universitäts-Milizionäre. Mit dem Zusammenbruch des faschistischen Regimes im Juli 1943 wurde die MVSN aufgelöst.
siehe auch: Stärke und Organisation der Regia Aeronautica und Regia Navale beim Kriegseintritt Italiens im Juni 1940
Grundsätzliche Divisionen der italienischen Armee 1940 (A):
Infanterie Division | Alpini (Gebirgsjäger) Division | Mobile Division | |
---|---|---|---|
Anzahl der Verbände | 59 + 3 Schwarzhemden | 6 | 3 |
Infanterie-Regimenter | 2 (je 3 Bataillone) mit je 3.279 Mann + zumeist 1 Schwarzhemden-Legion (2 Bataillone) mit 1.693 Mann | 2 (je 4.757 Mann) | 1 (Bersaglieri mit 2.727 Mann) + Kradschützen-Kompanie (178 Mann) + 2 Kavallerie-Regimenter (je 878 Mann) |
Gesamtstärke | 13.500 | 15.219 | 7.739 |
Maschinengewehre | 276 (60 schwere) | 216 (54 schwere, 162 leichte) | ca. 132 (24 schwere, 108 leichte) |
Granatwerfer | 174 (30 x 81mm, 144 x 45mm) | 58 (34 x 40mm, 24 x 81mm) + 54 Flammenwerfer | ca. 60 (6 x 81mm, 54 x 45mm) |
Panzerabwehr-Kanonen | 24 (47mm) | - | 16 (47mm) |
Flugabwehr-Kanonen | 8 (20mm) | - | ? |
Artillerie | 36 (24 x 75mm, 12 x 100mm - einige sogenannte Gebirgs-Infanterie-Divisionen nur 36 x 75mm Haubitzen) | 24 (75mm Gebirgs-Haubitzen) | 36 (24 x 75mm, 12 x 100mm) |
Fahrzeuge | - | (4.000 Mulis) | 218 Transport-LKWs |
Panzer | - | - | ca. 46 (leichte Panzer) |
Grundsätzliche Divisionen der italienischen Armee 1940 (B):
Motorisierte Division | Panzer Division | |
---|---|---|
Anzahl der Verbände | 2 | 3 |
Infanterie-Regimenter | 2 (je 1.160 Mann) + 1 Bersaglieri Regiment (1.827) | 1 Bersaglieri (1.827) |
Gesamtstärke | 9.216 | ? |
Maschinengewehre | ? | ca. 132 (24 schwere, 108 leichte) |
Granatwerfer | 36+ (81mm) | 9 (81mm) |
Panzerabwehr-Kanonen | 24 - 40 (47mm) | 24 (24 x 47mm, gezogen) |
Flugabwehr-Kanonen | 16 - 24 (20mm) | 26 (20mm) |
Artillerie | 36 (24 x 75mm, 12 x 100mm) | 70 (24 x 75mm, 18 x 105mm, 8 x 90mm gezogene Kanonen) |
Fahrzeuge | ? | ? |
Panzer | 46 (leichte Panzer) | 165 (leichte Carro Veloce CV33, M11/39, Fiat 3000) |
Verteilung der italienischen Verbände außerhalb Italiens
- in Libyen: 9 reguläre Infanterie-Divisionen, 3 Schwarzhemden-Divisionen, 2 Kolonial-Divisionen (insg. 250.000 Mann);
- in Ostafrika: 288.000 – 350.000 Mann (davon 88.000 italienische Soldaten);
- in Albanien gegen Griechenland vom 28. Oktober 1940 an: 162.000 Mann (9. und 11. Armee mit 7 Infanterie-Divisionen, 1 Alpini-Division und 1 Panzer-Division)
Teil II: Italienische Streitkräfte 1942-43.
Quellenangaben und Literatur
The Armed Forces of World War II (Andrew Mollo)
World War II – A Statistical Survey (John Ellis)
The Desert War (Andrew Kershaw, Ian Close)
Rommels Afrika Korps, Tobruk bis El Alamein (Pier Paolo Battistelli, Dr. Duncan Anderson)
Rommels Wüstenarmee (Martin Windrow)
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