Die deutsche schwere Heimat-Flak im Zweiten Weltkrieg.
Organisation und Geschütze der schweren Flak: 8,8-cm Flak und 10,5-cm Flak.
Deutsche Heimat-Flak im 2. Weltkrieg
Seiteninhalt:
Im Laufe des Krieges stieg ihre Zahl allmählich – bis zum Höhepunkt im Herbst 1944 – auf 1,25 Millionen Männer und Frauen an, was zu diesem Zeitpunkt etwa die Hälfte des gesamten Luftwaffenpersonals war.
Zwar verfügte das Heer und die Kriegsmarine auch noch über eigene Flak-Einheiten. Diese waren aber vom Umfang her wesentlich geringer und zusammen erreichten diese anderen Teilstreitkräfte nicht mehr als ein Viertel der Stärke der Luftwaffen-Flak-Verbände.
Organisation
Die Flak-Kräfte der Luftwaffe hatten zwei Aufgaben: Zum einen, Ziele in Deutschland oder den besetzten Gebieten gegen Luftangriffe zu schützen und des Weiteren die Luftverteidigung der Truppen im Felde zu gewährleisten, wobei auch gelegentlich Feuerunterstützung gegen Bodenziele erfolgte.
Diese Doppelrolle spiegelte sich in dem Aufbau der Stabsorganisation wider. Das höchste Hauptquartier war das eines Flak-Korps, welches voll motorisiert war und zusammen mit dem Feldheer operierte. Diesem unterstanden zwischen zwei und vier Flak-Divisionen. Der Stab einer Division konnte entweder auch motorisiert sein oder statisch. Im ersten Fall war er in der Regel einem Korps an der Front unterstellt und im zweiten Fall einem lokalen Luftgau zur Heimatverteidigung.
Bei der statischen Luftverteidigung unterstanden der Division zwei oder mehr Brigaden, mit jeweils zwischen zwei und vier Regimenter. Einer motorisierten Division dagegen unterstanden zwischen zwei und vier Regimentern und keine Brigaden.
Anfang 1945 verfügte die Luftwaffe über sieben Stäbe für Flak-Korps, 29 Divisionsstäbe, 13 Brigadestäbe und 160 Regimentsstäbe mit unterstellten Flak-Abteilungen.
Die Grundeinheit der Flak war die Abteilung. Davon gab es vier Haupttypen: Schwere, Leichte, Gemischte (sowohl mit schweren als auch leichten Geschützen) und Scheinwerfer.
Diese Abteilungen wurden wiederum unterteilt nach ihrem Grad der Motorisierung: vollmotorisiert (abgekürzt mit ‚mot‘), halbmotorisiert (v) und statisch (o).
Eine statische Abteilung umfasste in der Regel Folgendes:
– vier Batterien, wenn es schwere Flak war;
– drei oder vier Batterien bei leichter Flak;
– drei schwere und zwei leichte Batterien bei gemischter Flak;
– drei oder vier Batterien bei Suchscheinwerfern.
Motorisierte Abteilungen enthielten weniger und kleinere Batterien als ihre statischen Gegenstücke.
– Flak-Wehrmänner: Arbeiter, welche nebenbei noch als eine Art Heimatverteidigung bei den örtlichen Flak-Einheiten aushalfen.
– Luftwaffenhelfer: 15 und 16 Jahre alten Schülern, welche bei Luftangriffen aus dem Unterricht oder nachts aus dem Bett geholt wurden, um bei der Bedienung der Geschütze zu helfen.
– Jugendliche vom Reichsarbeitsdienst, bei dem alle jungen Männer nach der Schule dienen mussten, sofern sie nicht gleich direkt zum Wehrdienst eingezogen wurden.
– Flak-Kampfhelferinnen: weibliche Hilfskräfte, die als Nicht-Kombattanten bei den Geschützstellungen eingesetzt wurden.
– Russische, italienische und ungarische Freiwillige.
– Stammpersonal der Luftwaffe: 28.000
– Reichsarbeitsdienst: 18.000
– Luftwaffenhelfer: 6.000
– Flakhelferinnen: 8.050
– Ungarische und italienische Freiwillige: 900
– freiwillige russische Kriegsgefangene: 3.600
– Andere: 8.000
Geschütze der schweren Flak
Das ‚kleinste‘ Geschütz der schweren Flak, welches in Deutschland hergestellt wurde, war die 88-mm-Flak 18, 36, 37 und 41. Die erste Version, welche in Dienst gestellt wurde, war die 8,8-cm Flak 18, die 1933 eingeführt wurde und im Spanischen Bürgerkrieg zum Einsatz kam. Ausgestattet mit einem halbautomatischen Verschluss hatte sie eine praktische Feuerrate von 15 Schuss pro Minute.
Sie verschoss eine Granate mit einem Gewicht von 19,8 g und einer Mündungsgeschwindigkeit von 820 Metern pro Sekunde und hatte eine effektive Wirkungshöhe von 8.000 Metern. Die Geschützbedienung bestand aus einem Abteilungskommandanten und neun Mann, die später im Krieg auf einen Kommandanten und sechs Mann reduziert werden konnte.
Die 8,8-cm-Flak 36 ähnelte der Flak 18, wurde aber auf eine verbesserte Lafette montiert. Die 8,8 cm Flak 37 ähnelte der Flak 36, hatte aber die Ziffernblätter und Armaturen für das Übertragungsgerät 37. Dieses Datenübertragungssystem bezog seine Feuerinformationen direkt vom Prädiktor.
Die 8,8-cm Flak 41 war die erste bedeutende Verbesserung dieser Waffe mit einem längeren und stärkeren Rohr. Dadurch wurde die Mündungsgeschwindigkeit auf 948 Meter pro Sekunde erhöht, was eine effektive Einsatzhöhe von etwa 10.670 Metern ergab. Diese Version enthielt einen automatischen Lader und hatte dadurch eine praktische Feuerrate von 20 Schuss pro Minute. Die erhöhte Mündungsgeschwindigkeit führte jedoch zu höheren Lauftemperaturen und nach jeweils 25 Schuss benötigte der Lauf fünf Minuten zum Abkühlen.
Die 8,8-cm Flak 41 wurde 1943 in Dienst gestellt und Mosquito-Markierungsbomber konnten von diesem Modell erstmals wirkungsvoll bekämpft werden, nachdem die Einzelheiten zum ‚Bumerang‘-Angriffsverfahren der Royal Air Force erkannt worden waren. Denn dieses Verfahren zwang den Markierungsbomber zu einem neunminütigen geraden Zielanflug von Nord nach Süd b.z.w. umgekehrt, wobei Fluggeschwindigkeit und Höhe nicht verändert werden durften.
Allerdings verfügte die Luftflotte Reich im September 1944 nur über insgesamt 41 Stück der 8,8-cm Flak 41 und die gesamte Flakartillerie besaß davon im Februar 1945 nur 287.
Mehr über 88-mm-Flak 18, 36, 37, 41.
Die 10,5-cm Flak 38 wurde erst kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges eingeführt, um ein stärkeres Wirkungsfeuer und auch in größeren Höhen zu erreichen, als mit den frühen Flakgeschützen möglich war.
Sie feuerte eine 15,1 kg schwere Granate mit einer Mündungsgeschwindigkeit von 880 m per Sekunde auf eine effektive Wirkungshöhe von 9.450 Meter. Dieses Geschütz verfügte über einen elektrische Laderamme und kraftunterstützte Ausrichtung und hatte eine praktische Feuerrate von 10-15 Schuss pro Minute. Für den normalen Betrieb war eine Besatzung von neun Mann erforderlich – oder 11 Mann, wenn der elektrische Lader nicht verwendet werden konnte.
Die 10,5-cm Flak 38 war abgesehen vom Kaliber ansonsten im Wesentlichen identisch mit der 8,8-cm Flak 37, verfügte aber über ein leistungsfähigeres Datenübertragungssystem und andere kleinere Verbesserungen.
10,5-cm Flak 38 und 39
Bereits 1933 sahen die deutschen Militärplaner einen Bedarf für ein Flugabwehrgeschütz, das schwerer als die 8,8-cm Flak-Serie war, um neuere und schnellere feindliche Flugzeuge bekämpfen zu können. Sowohl Rheinmetall als auch Krupp wurden aufgefordert, Entwürfe für einen ‚Schießwettbewerb für 10,5-cm-Waffen‘ einzureichen, welcher 1935 stattfand. Dabei gewann Rheinmetall den Auftrag mit dem Gerät 38, das als 10,5-cm-Flak 38 in Produktion ging.
Beide 10,5-cm-Flakgeschütze waren für den Einsatz beim deutschen Feldheer vorgesehen, wurden jedoch dann fast ausschließlich bei der Luftverteidigung des Reiches eingesetzt. Vom Aussehen sahen die Flak 38 und Flak 39 wie vergrößerte 8,8-cm-Flak-Geschütze aus, aber es gab viele Detailunterschiede und im Verhältnis waren die Flak 38 und Flak 39 natürlich viel schwerere und massivere Waffen.
Die ersten wenigen Geschütze wurden 1937 in Dienst gestellt und sie waren einige Jahre lang einige der stärksten Flakgeschütze überhaupt.
Die 10,5-cm Flak 38 wurde mit voller Leistung mit einem elektro-hydraulischen System betrieben und konnte dank eines ausgeklügelten Dämpfers mit einer Feuergeschwindigkeit von 15 Schuss in der Minute schießen und 4,8 kg schwere Geschosse bis zu einer Höhe von 11.400 Metern abfeuern. Obwohl die 10,5-cm Flak 38 im Einsatz 10.224 kg wog, konnte sie dank ihrer Lafetten-Konstruktion leicht transportiert werden, und schließlich gab es mehr mobile als stationäre Exemplare.
Bis Juni 1941 hatte die Luftwaffe 460 Stück der 10,5-cm Flak 38/39 in ihrem Bestand.
Insgesamt gesehen waren die Flak 38 und Flak 39 komplexe Waffen und ihre Herstellung wurde noch weiter erschwert, weil ein geteiltes Rohr verwendet wurde, um einen verschlissenen Teil nach Schnellfeuer sofort austauschen zu können.
Jedoch erwiesen sie sich im Einsatz als kaum besser als die 8,8-cm Flak-Serie, sodass zu einem bestimmten Zeitpunkt sogar angestrebt wurde, sie durch die 8,8-cm-Flak 41 zu ersetzen, wozu es aber nicht mehr kam. Die Produktion der Flak 41 verlief so schleppend, dass die 10,5-cm Flak-Geschütze den ganzen Krieg über weitergebaut wurden.
Bei Kriegsende waren von der Flak 38 und Flak 39 immerhin 1.850 Stück im Einsatz, die meisten davon innerhalb der Reichsgrenzen.
Obwohl zum Einsatz beim Feldheer gedacht, waren die Flak 38 und die Flak 39 wirklich zu schwer für diese Aufgabe. Sie verwendeten eine vergrößerte Version der mobilen Zweiachslafette der 8,8-cm-Flak-Serie. Aber selbst mithilfe von integrierten Winden und Rollen waren die Geschütze langsam und nur umständlich zu verlegen.
Viele von ihnen wurden in der Folge stationären Stellungen zugewiesen und 116 wurden auf speziellen Flak-Eisenbahnwagen montiert, die im Reich herumfuhren, wo immer sie gebraucht wurden.
Jedes Modell benötigte eine Besatzung von einem Kommandanten und neun Mann, wobei für das manuelle Laden weitere zwei Mann benötigt wurden.
Die 10,5-cm Flak-Serie erlangte nie die Berühmtheit der 8,8-cm Flak, hauptsächlich, weil sie im Feld nicht häufig eingesetzt wurden – und wenn, konnten sie aufgrund ihrer Masse und ihres Gewichts nur selten als Panzerabwehrwaffe eingesetzt werden.
Insgesamt war ihre Leistung nicht so gut wie ursprünglich erhofft und trotz einer intensiven Entwicklungsarbeit an einem Projekt der 10,5-cm-Flak 40, die mit einem längeren Rohr zum Abfeuern eines schwereren Geschosses ausgerüstet sein sollte, wurde der Entwurf der 10,5-cm Flakgeschütze nie in dem Maße ausgereizt, wie für die anderen deutschen Flakgeschütze. Stattdessen ging die Produktion in mehreren Rüstungszentren bis zum Kriegsende stetig und unverändert weiter.
Spezifikationen
10.5-cm Flak 38 and Flak 39 | Spezifikationen |
---|---|
Typ | schweres Flugabwehrgeschütz |
Bedienungspersonal | 9-11 Mann |
Länge | 10,31 m |
Breite | 2,45 m |
Höhe | 2,9 m |
Gewicht | 14.600 kg Transport, 10.240 kg Feuerstellung |
Kaliber | 105 mm |
Rohrlänge | 6,65 m |
Lauflänge (Riffelung) | 5,53 m |
Schwenkbereich | 360° |
Höhenbereich | -3° bis +85/87° |
Mündungsgeschwindigkeit | 880 m/s |
maximale Schussweite | bis 12.800 m Flughöhe (effektiv 9.450 m) |
Granatgewicht | 15,1 kg |
Feuerrate | 10-15 Schuss/min. |
Hier zum nächsten Abschnitt: Schwere Flak (Schwere 12,8-cm Flak 40, Beutegeschütze und Munition).
Quellenangaben und Literatur
Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg (10 Bände, Zentrum für Militärgeschichte)
Luftkrieg (Piekalkiewicz)
Luftwaffe Handbook (Dr Alfred Price)
The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
Operation Barbarossa: the Complete Organisational and Statistical Analysis, and Military Simulation, Volume I – IIIB (Nigel Askey)
Die Geschichte der Artillerie (John Batchelor, Ian Hogg)
Artillery in Colour 1920-1963 (Ian Hogg)
Weitere interessante Beiträge: