Japanische Marine


Stärke und Organisation der kaiserlich-japanischen Marine im Zweiten Weltkrieg. Schiffe der Vereinigten Flotte und die Marine-Luftwaffe beim Angriff Japans auf Pearl Harbor.

Superschlachtschiff 'Yamato'
Superschlachtschiff ‚Yamato‘

Mitte 1941 schloss die japanische Marine ihre Pläne für einen Pazifik-Krieg ab. Als erstes musste die US-Pazifik-Flotte ausgeschaltet werden und gleichzeitig sollten Kriegsschiffe den Vorstoß der japanischen Armee nach Süden in Richtung der Erdöl- und Rohstoffgebiete unterstützen. Die Kontrolle über diese Gebiete war notwendig, um Japans Existenz und den militärischen Erfolg in China zu gewährleisten.

Japanische Marine


Ein Verteidigungsring sollte über die Pazifik-Inseln und Südost-Asien gezogen werden, um die Gebiete zu schützen. Es wurde von den Japanern angenommen, dass die Amerikaner mit der Zeit erlahmen würden, gegen diesen uneinnehmbaren Wall anzukämpfen.

Jedoch machten die Japaner bei der Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 mehrere schwerwiegende Fehlkalkulationen. So wurde der Wille der amerikanischen Bevölkerung unterschätzt, einen langen und harten Krieg auszufechten und wohl am meisten wurde die eigene Kampffähigkeit überschätzt, zusammen mit der Schiffsbaukapazität im Krieg.

Das japanische Oberkommando hatte bereits die schnellen Flugzeugträger als die besten strategischen Waffen für einen Pazifik-Krieg aufgrund der Einsatzerfahrungen mit träger- und landgestützten Flugzeugen im Feldzug in China erkannt. Deshalb wurde der Erfolg in Pearl Harbor dadurch geschmälert, dass noch nicht einmal ein amerikanischer Flugzeugträger getroffen werden konnte.

Zuikaku, Kaga und Akagi
Die japanischen Flugzeugträger Zuikaku, Kaga und Akagi auf dem Weg nach Pearl Harbor (Ende November 1941).

Während der anfänglichen, rasanten Siege im japanischen Eroberungsfeldzug, wurden die alliierten Streitkräfte neu aufgebaut und bis zum April 1942 waren bereits sechs amerikanische und drei britische Flugzeugträger gegen die Gesamtzahl von zehn japanischen Trägern auf diesem Kriegsschauplatz vorhanden.
Der japanische Versuch im Mai 1942, Australien zu isolieren, wurde in der Seeschlacht in der Korallensee abgewiesen und resultierte in schweren Verlusten bei den gut ausgebildeten Flugzeugbesatzungen der Träger. Im nachfolgenden Monat führte die Seeschlacht von Midway schon zu einer schweren Niederlage durch trägergestützte Flugzeuge, als vier japanische Flottenträger für den Verlust von nur einem US-Träger versenkt wurden.

Somit hatten die Japaner recht schnell ihre Überlegenheit eingebüßt und die Marineeinsätze konzentrierten sich nun auf den Süd-Pazifik. Nach den schweren Verlusten in der Korallensee, bei Midway und Guadalcanal gingen der japanischen Marine ihre erfahrenen Piloten aus. Staffeln wurden nicht abgelöst, sodass Flugschüler nicht von erfahrenen Front-Piloten lernen konnten.
Es wurde zwar ein umfangreiches Träger-Bauprogramm gestartet, aber die japanische Industriekapazität war nicht ausreichend, um dadurch den Kriegsverlauf zu ändern.
Im April 1943 scheiterte die japanische Marine daran, die Luftüberlegenheit im Südwest-Pazifik zurückzugewinnen, nachdem sie dort mit einer konzentrierten Luftoffensive begonnen hatte. Diese Niederlage deutete die Überlegenheit besser ausgebildeter amerikanischer Piloten in neuen, modernen Flugzeugen an, welche in Kürze von neu in Dienst gestellten großen Flottenträgern der Essex-Klasse operieren würden.

Im Juni 1944 führten die Japaner einen erfolglosen Luftschlag gegen die US-Flotte in der Schlacht in der Philippinen-See durch, was in dem Verlust von rund 300 japanischen Flugzeugen und der Versenkung von drei japanischen Flugzeugträgern resultierte.
Kurz danach, im Oktober 1944, hörte die japanische Marine als Faktor im Pazifik-Krieg praktisch auf zu existieren, als vier Flugzeugträger, drei Schlachtschiffe und zehn Kreuzer in der Schlacht im Leyte-Golf zerstört wurden.

Nicht in der Lage, den Gedanken einer Niederlage anzuerkennen und ohne eine geeignete Verteidigungsstrategie, verbrauchte die japanische Marine nun ihre schlecht ausgebildeten, neuen Piloten in Kamikaze-Angriffen, welche nur einen begrenzten Erfolg erzielten.


Organisation

Japanischer Schlachtkreuzer Kirishima
Die Kirishima war eines von vier im Ersten Weltkrieg gebauten Schlachtkreuzern. Sie wurden zwischen 1933 und 1940 alle zu schnellen Schlachtschiffen umgebaut. Ihre Bewaffnung bestand aus acht 36,6-cm-Geschützen, die Geschwindigkeit lag bei 30 Knoten.

Der japanische Ministerpräsident hatte den Vorsitz über das kaiserliche Hauptquartier (GHQ), welches in zwei Bereiche aufgeteilt war: das Heer und die Marine. Führende Positionen im kaiserlichen Hauptquartier hatten der Marine-Minister und der Chef des Marine-Generalstabes, Admiral Osami Nagano. Andere Offiziere und Abteilungen behandelten die Verantwortlichkeiten von Stab und Ministerien.


Admiräle Yamamoto und Ugaki
Die Admiräle Yamamoto und Ugaki auf dem Schlachtschiff Nagato.
Die Ausführung der Befehle des kaiserlichen Hauptquartiers an die Marine oblag dem Oberbefehlshaber aller Kriegsschiffe. Dieser war Admiral Isoroku Yamamoto, und nach dessen Tod im April 1943 wurde sein Nachfolger Admiral Mineichi Koga, dann ab März 1944 Admiral Soemu Toyoda und zuletzt ab Mai 1945 Admiral Jisaburo Ozawa.

Neben der Verantwortung für die Umsetzung der strategischen Aufgaben wurde auch von ihnen erwartet, dass sie den taktischen Oberbefehl über die wichtigsten Operationen selbst übernahmen. Admiral Yamamoto hatte seine Flagge auf dem Schlachtschiff Nagato bis das Superschlachtschiff Yamato am 16. Dezember 1941 in Dienst gestellt werden konnte. Es gab eine starke Beschränkung für Funksprüche, wenn sich die Flotte auf See befand und in diesen kritischen Momenten war der Oberbefehlshaber oft nicht über den augenblicklichen Stand der Lage informiert.

Von Mai bis September 1944 war der Kreuzer Oyodo das Flaggschiff des Oberbefehlshabers. Das Schiff sollte ein spezieller Kommando-Kreuzer für kombinierte Operationen von See-, Luft und U-Boot-Streitkräften sein und obwohl es ständig zuerst in Tokio und dann in der Bucht von Hiroshima ankerte, erwiesen sich seine Kommunikations-Einrichtungen als unzureichend. Das Hauptquartier des Oberbefehlshabers der Vereinigten Flotte wurde schließlich in der Keio-Universität im Vorort Hiyodashi von Tokio verlegt.

Wie der Name schon sagt, bestand die Vereinigte Flotte (Rengo Kantai) aus der gesamten Flotte. Alle anderen Einheiten, unabhängig von Auftrag und Zusammensetzung, wurden als Tai oder Butai bezeichnet, was als Korps oder Kampfgruppe übersetzt werden könnte. Andere Marinestäbe bezeichneten sie als Flotten, Geschwader oder Divisionen zum Zwecke der Beschreibung.
Es war für Gruppen kleiner Kriegsschiffe üblich, dass sie von einem größeren Schiff angeführt wurden. So wurden vier Zerstörer zu einer Division, vier Divisionen zu einem Zerstörergeschwader mit einem Kreuzer als Flaggschiff. Eine ähnliche Organisation gab es auch für U-Boote.
Für administrative Zwecke wurde die Vereinigte Flotte in kleinere Flotten nach Funktion unterteilt.

Zur Zeit des Angriffs auf Pearl Harbor im Dezember 1941, war die administrative Einteilung der japanischen Marine in etwa wie folgt:

  • Die Erste Flotte (die Schlachtflotte) mit dem Stützpunkt Hiroshima bestand aus 10 Schlachtschiffen, 3 Wasserflugzeug-Trägern, 10 Kreuzern und 10 Zerstörern.
  • Die Zweite Flotte (Aufklärungs-Flotte) mit dem Stützpunkt Hainan bestand aus 13 Kreuzern und 32 Zerstörern.
  • Die Dritte Flotte (Blockade und Transport) mit dem Stützpunkt Formosa bestand aus 5 Kreuzern, 12 Zerstörern, 6 Minenlegern und 1 Geleitschiff.
  • Die Vierte Flotte (japanische Mandats-Inseln im Pazifik) mit dem Stützpunkt Truk bestand aus 4 Kreuzern, 1 Wasserflugzeug-Träger, 12 Zerstörern und 2 Minenlegern.
  • Die Fünfte Flotte (nördliche Gewässer) mit den Stützpunkten Maizuru und Ominato bestand aus 2 Kreuzern.
  • Die Sechste Flotte (Unterseeboote) mit dem Stützpunkt Kwajalein bestand aus 3 Kreuzern und 63 U-Booten.
  • Die Träger-Flotte mit dem Stützpunkt Kure bestand aus 10 Flugzeugträgern.

Schlachtschiff Nagato
Japanische Frauen und Kinder zu Besuch auf dem Schlachtschiff Nagato.
Zusätzlich gab es Marinestreitkräfte mit Stützpunkten auf den Inseln Formosa, Truk, Palau, Saipan, Kwajalein, Maizuru und Ominato, sowie in Indochina. Dort und bei anderen Unterstützungsgruppen befanden sich insgesamt 89 bewaffnete Handelszerstörer, U-Jäger und Patrouillen-Boote, sowie 6 Minenleger, 42 Minenräumer, 46 Hilfsschiffe und 87 Transportschiffe.
Alle ehemaligen Handelsschiffe behielten das Kürzel ‚Maru‘ in ihrem Namen und einige davon wurden auch weiterhin von zivilen Besatzungen bemannt. Reparaturschiffe und Transporter fuhren unter einer besonderen Flagge.

Die Schiffe der japanischen Marine wurden jedoch nicht immer im Rahmen dieser administrativen Gruppen eingesetzt, sondern wurden auf Flotteneinheiten verteilt, welche die jeweiligen Schiffe jeweils benötigten.
So bestand der Angriffsverband für Pearl Harbor aus sechs Schiffen der Träger-Flotte sowie zwei Schlachtschiffen, zwei Kreuzern und einer Zerstörer-Flottille der Schlachtflotte.
Die südliche Kampfgruppe mit der Stoßrichtung Südost-Asien und Philippinen bestand aus den vollständigen Zweiten und Dritten Flotten, sowie den verbleibenden Schlachtschiffen, Kreuzer und Zerstörer der Ersten Flotte (Schlachtflotte). Zusätzlich kamen noch einige Unterseeboote hinzu, welche zuvor zur Ersten Flotte transferiert wurden und anschließend von dort zur südlichen Kampfgruppe.

Jeder Flottenverband hatte seine eigene Aufklärungsgruppe und Hauptstreitmacht, welcher unabhängig von der Zweiten oder Aufklärungs-Flotte oder der Hauptmacht der Vereinigten Flotte operierte und von dem jeweiligen Flottenbefehlshaber auf dem Flaggschiff kommandiert wurde.
Manchmal wurden diese Gruppen vor dem Auslaufen zusammengestellt, manchmal trafen sie sich erst auf See und ebenso kam es vor, dass ihre Anmarschwege so geplant wurden, dass sie sich erst nach einer Reise über den Ozean sichteten, wenn auch der Feind in der Nähe war.
Solche detaillierten und komplizierten Aufmarschpläne funktionierten gut, wenn die japanische Flotte vom Zentrum des Kriegsgebietes aus operierte, aber sie konnten auch schwer daneben gehen, wie bei dem komplexen Aufmarsch in drei gleichzeitigen Stoßrichtungen zur Korallensee, Midway und den Aleuten-Inseln.


Die japanische Marine verfügte über 291.359 Mann Personal im Dezember 1941, welches bis auf 1.663.223 Mann im Juli 1945 anstieg.


Japanische Marine im Dezember 1941

Schiffe der Vereinigten Flotte:

Schiffe der Vereinigten FlotteAnzahlSchiffsklassenim Bau
Schlachtschiffe10 4 Kongo, 2 Fuso, 2 Ise, 2 Nagato3 (Yamato - einer davon später zum Flugzeugträger Shinano)
Flugzeugträger8 1 Hosho, 1 Akagi, 1 Kaga, 1 Ryujo, 2 Hiryu, 2 Shokaku (1941)8
Schwere Kreuzer18 2 Furutaka, 2 Aoba, 4 Myoko, 4 Takao, 4 Mogami, 2 Tone1
Leichte Kreuzer20 2 Tenryu, 1 Yubari, 5 Kuma, 3 Jintsu, 6 Natori 9
Zerstörer108 3 Momi, 13 Minekaze, 7 Wakatake, 4 Kamikaze, 12 Mutsuki, 20 Fubuki, 4 Akatsuki, 6 Hatsuhara, 10 Shiratsuyu, 10 Asashio, 18 Kagero (1939-41), 1 Yugumo (1941)43
U-Boote63?


Japanische Marine-Luftwaffe

Mitsubishi A5M Claude
Zwei Mitsubishi A5M Claude über China. Dieses Jagdflugzeug veränderte das Kräfteverhältnis im Luftkrieg über China zugunsten Japans und erlangte vollständige Luftüberlegenheit.

Abgesehen von 370 Trainings- und Reservemaschinen, hatte die japanische Marine-Luftwaffe etwa 1.400 Flugzeuge. Es gab 660 Jäger (vor allem A6M Zeros), 330 bordgestützte Bomber, 240 zweimotorige, landgestützte Torpedoflugzeuge für den abgestimmten Einsatz mit der Flotte, und 520 Flugboote und Wasserflugzeuge.
Für Wasserflugzeuge war es üblich, dass diese von Kreuzern aus mithilfe eines Katapults gestartet wurden, um die Aufklärungsaufgaben für die Flotte zu übernehmen. Dadurch wurden die Flugzeugträger von dieser Aufgabe befreit.

 

Alle diese Flugzeuge waren in der Vereinigten Flotte in Kanoya zusammengefasst. Sie wurden unterteilt in die 1.Luftflotte (zum Einsatz von den Flugzeugträgern) und der 11. Luftflotte unter Vize-Admiral Nishizo Tsukuhura auf Landflugplätzen in Formosa und Indo-China.
Diese Luftflotten wurden des weiteren unterteilt in Flottillen (jede von einem Vize-Admiral kommandiert), welche wiederum aus zwei oder mehr Luft-Gruppen bestanden. Jede Gruppe hatte 12 bis 36 Flugzeuge und 4 bis 12 weitere in Reserve, je nach Größe. Die Kampfformation war die Luft-Division aus neun Flugzeugen.

weiter siehe auch: Japanische Armee 1941/42


Quellenangaben und Literatur

World War II – A Statistical Survey (John Ellis)
The Armed Forces of World War II (Andrew Mollo)
Fighting Ships of the World (Antony Preston)
Flotten des 2. Weltkrieges (Antony Preston)
Kriegsschiffe von 1900 bis heute – Technik und Einsatz (Buch und Zeit Verlagsgesellschaft)
Das große Buch der Luftkämpfe (Ian Parsons)


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