Russische Schlachtschiffe Archangelsk der britischen Royal-Sovereign-Klasse und Marat, Gangut.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3d-Modell.
Schlachtschiff Archangelsk
Seiteninhalt:
Archangelsk
Typ: russisches Schlachtschiff der englischen Royal-Sovereign-Klasse.
Geschichte:
Nach der Kapitulation Italiens im September 1943 beanspruchte die sowjetische Regierung umgehend ein Drittel der italienischen Flotte, als Ausgleich für die durch italienische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer verursachten Schäden. Wenn auch die Angloamerikaner wenig Bereitschaft dafür zeigten, hatten sie jedoch keine andere Wahl, als einen Kompromiss einzugehen. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die überlassenen italienischen Flotteneinheiten einsatzbereit und aufgeteilt werden könnten, wollten sie einige ihrer eigenen Schiffe an die Sowjetunion ausleihen.
Als Teil dieser Vereinbarung machte die englische Royal Navy das alte Schlachtschiff Royal Sovereign (Stapellauf 1915), zusammen mit vier Unterseebooten (U- und S-Klasse) und neun ehemaligen amerikanischen Glattdeck-Zerstörer verfügbar.
Die Schiffe der Royal-Sovereign-Klasse (oder kurz ‚R‘-Klasse genannt) waren die letzten englischen Schlachtschiffe, welche während des 1. Weltkrieg gebaut wurden. Die Klasse bestand ursprünglich aus acht Schiffen, aber nur fünf wurden tatsächlich fertiggestellt: Resolution, Revenge, Royal Oak, Ramillies und Royal Sovereign.
Ihre Abmessungen waren etwas kleiner als die der vorausgegangenen Queen Elizabeth Klasse, aber ihre Panzerung war besser verteilt und sie hatten die gleiche Hauptbewaffnung aus acht 38,1-cm-Geschützen in vier Türmen.
Diese fünf Schiffe wurden zwar während der Jahre zwischen den beiden Weltkriegen umgebaut, jedoch nicht modernisiert. Während des 2. Weltkrieg taten sie daher nur Dienst bei zweitrangigen Aufgaben – welche aber trotzdem wichtig waren, wie die Sicherung von großen Geleitzügen oder Truppentransporten gegen deutsche Handelszerstörer oder als Abschreckung gegen die Japaner im Indischen Ozean.
Der einzige Kriegsverlust der Klasse war die Royal Oak, welche bereits am 14. Oktober 1939 durch Günther Prien mit seinem U 47 in Scapa Flow versenkt wurde. Resolution wurde 1940 durch ein französisches Unterseeboot torpediert und Ramillies durch ein japanisches Kleinst-U-Boot vor Madagaskar im Jahr 1942, aber beide Schiffe konnten repariert werden und traten wieder der Flotte bei. Ramillies wurde später auch noch zum Beschuss der Küstenabschnitte an der Normandie und in Südfrankreich während der dortigen alliierten Invasionen eingesetzt.
Die Royal Sovereign war zwar erst kurz zuvor mit neuem Radargerät und Flugabwehr-Kanonen ausgerüstet worden, trotzdem war sie nun – abgesehen von ihrer Einsatzmöglichkeit zum Küstenbeschuss – für die Royal Navy entbehrlich geworden. Eine sowjetische Schiffsbesatzung traf im Frühjahr 1944 in England ein und stellte das Schiff offiziell am 30. Mai 1944 als Archangelsk in Dienst. Im August 1944 lief sie zusammen mit dem Arktis-Konvois JW59 in das Weiße Meer. Sie verblieb in der Arktis für den Rest des Krieges und feuerte dabei keinen einzigen Schuss ab.
Zu dem damaligen bizarren russischen Charakter noch die Anmerkung, dass als sie im Februar 1949 wieder an die Royal Navy zurückgegeben wurde, alle Waffen an Bord – von dem 38,1-cm-Geschütz bis zur 4-cm-Flak – noch immer geladen waren und zusätzlich die Messedecks mit menschlichen Exkrementen bedeckt waren.
Benutzer: Britische Royal Navy, Russische (Sowjetische) Marine.
Spezifikationen für Schlachtschiff Archangelsk
Spezifikation:
Archangelsk | Spezifikation |
---|---|
Typ | Schlachtschiff |
Wasserverdrängung | 29.616 t |
Einsatzverdrängung | 33.020 t |
Länge zwischen den Loten | ? |
Länge über alles | 190,95 m |
Breite | 30,94 m |
Tiefgang | 9,76 m |
Kessel | 18 Heizkessel |
Maschinen | Parsons-Turbinen mit 4 Wellen |
Gesamtleistung | 40.000 PS |
Brennstoffvorrat | ? t Heizöl (3.630 t bei 10% größerer Queen Elizabeth-Klasse für doppelten Farbereich) |
Geschwindigkeit | 23 kn |
Fahrbereich | 4.200 sm bei 10 kn |
Besatzung | 1.146 |
Bewaffnung:
Archangelsk | Spezifikation |
---|---|
Haupt-Bewaffnung | 8 x 38,1-cm Geschütze in 4 Doppeltürmen |
Sekundär-Bewaffnung | 12 x 15,2-cm-Geschütze in Einzeltürmen |
Flak | 4 x Zwillings-10,2-cm, 8 x Vierlings-40-mm-Bofors, 17 x Einzel-20-mm Oerlikon |
Torpedorohre | 4 x 53,3-cm-Torpdorohre (als Neubau, später vermutlich entfernt) |
Minen | - |
U-Abwehr-Waffen | - |
Flugzeuge | - |
Panzerschutz:
Archangelsk | Spezifikation |
---|---|
Seite (Gürtel) | 102 - 330 mm |
Oberdeck | 20 - 64 mm |
Hauptdeck | - |
Panzerdeck | - |
Hauptartillerie | 280 - 330 mm |
Barbetten | 100 - 250 mm |
Mittelartillerie | ? |
Kommandotürme | 152 - 280 mm |
Einsatzstatistik:
Royal-Sovereign-Klasse | Angaben |
---|---|
Fertigstellung | Resolution, Revenge, Royal Oak und Royal Sovereign 1916, Ramilles 1917 |
Verbleib | Royal Oak versenkt am 14.10.1939. Royal Sovereign an die sowjetische Marine abgegeben am 30. Mai 1944. Alle überlebenden Schiffe Ende der 1940er Jahre abgewrackt |
Schlachtschiff-Klasse Marat oder Gangut (Oktjabrskaja-Revoluzia)
Die einzigen anderen sowjetischen Schlachtschiffe des Zweiten Weltkrieges waren die Schiffe der Klasse Oktjabrskaja-Revoluzia, welche ursprünglich unter dem Namen Gangut-Klasse zu Beginn des Ersten Weltkrieges für die Marine des Zaren in Dienst gestellt worden waren.
Etwa ein Dutzend russische Schlachtschiffe überstanden die Russische Revolution von 1917, aber die meisten wurde in den frühen zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts verschrottet. Die einzige Ausnahme waren die vier Einheiten der Gangut-Klasse, welche neben dem Klassenschiff die Namen Petropawlowsk, Poltawa und Sewastopol hatten.
Sie hatten eine ungewöhnliche Entstehungsgeschichte, denn nach den schweren Verlusten der zaristischen Flotte im Russisch-Japanischen Krieg, musste Russland seine Flotte wieder vollständig neu bauen. Die ersten der neuen Großkampfschiffe waren die Einheiten der Gangut-Klasse für die Ostsee-Flotte, mit deren Planungen bereits 1906/1907 begonnen wurde.
Das Ziel der russischen Marine war es, ihre ersten Großkampfschiffe mit einer Höchstgeschwindigkeit von 21,5 Knoten und einer Hauptbewaffnung aus zwölf 305-mm-Geschützen und einer Sekundärbewaffnung aus sechzehn 120-mm-Kanonen in Kasematten zu bauen.
Dafür wurden einundfünfzig Entwürfe geprüft, aber der beste von der deutschen Werft Blohm&Voss wurde zurückgewiesen, da die Regierung des Zaren darauf bestand, dass die Schiffe in Russland gebaut werden müssen.
Mithilfe des britischen Schiffbauers John Brown wurde deshalb dieser Entwurf überarbeitet, was dazu führte, dass das Schiff ungefähr in der Klasse zwischen einem Schlachtschiff und Schlachtkreuzer lag und daher zu ihrer Zeit als ‚Ostsee-Schlachtschiff‘ bezeichnet wurde.
Das lag daran, dass man sich dabei eng an die Vorstellungen des italienischen Generals Cuniberti gehalten hatte, der schwerer bewaffnete und schnellere Kriegsschiffe bevorzugte, dafür weniger Wert auf Panzerschutz legte. Deshalb ähnelten die russischen Schiffe in einem größeren Maßstab dem italienischen Schlachtschiff Dante Alighieri, welches ebenfalls 305-mm-Geschütze in Drillingstürmen auf der Mittschiffs-Linie trug.
Die Schiffe der Gangut-Klasse hatten jedoch dagegen glatt durchlaufende Decks, eine anders angeordnete Maschinenanlage und Panzerungsaufbau.
Die vier Türmen mit jeweils drei 305-mm-Geschützen standen alle entlang der Mittellinie, was eine Breitseite von zwölf Kanonen gegenüber den acht von zeitgenössischen britischen und deutschen Schlachtschiffen ergab. Diese russischen 30,5-cm-L/52-Geschütze erwiesen sich zudem als sehr Zielgenau.
Obwohl die Drillingstürme eine starke Bewaffnung ergaben, mussten jedoch der Bug- und Heckturm knapp vor dem Schiffsenden montiert werden, da es keine überhöhte Anordnung der einzelnen Türme gab. Deshalb war es auf den Schiffen der Gangut-Klasse bei Fahrt immer sehr Nass. Die Mittelartillerie war zudem schlecht angeordnet und bei schwerer See nur wenig Wert.
Der Entwurf der Antriebsmaschinen und des Schiffskörpers ergab eine Höchstgeschwindigkeit von 23 Knoten, was 1,5 Knoten über den ursprünglichen Anforderungen lag und damit einen Vorsprung von zwei bis drei Knoten gegenüber jedem anderen auf See befindlichen Schlachtschiff ergab.
Im Gegensatz zum Rest des Schiffes lag der Panzerschutz jedoch unter dem Standard, da mehrere Kompromisse eingegangen werden mussten, um das Gesamtgewicht geringer zu halten.
Da die Schiffe insbesondere für den Einsatz in der Ostsee vorgesehen waren, hatten sie einen besonderes verstärkten, Eisbrechenden Bug. Das Gewicht der Maschinenanlage und der Panzerung verhinderte jedoch den Einbau von Torpedoschotten.
Die Korbmasten amerikanischer Art, welche bei der vorhergehenden Imperator-Pawel-Klasse erstmals erprobt worden waren, wurden während des Baus durch Stangenmasten ersetzt.
Trotzdem wurde der verfügbare Raum des Schiffskörpers nicht optimal genutzt und die Schiffe hätten stärkere bewaffnet und gepanzert werden können. Insbesondere die Panzerung bestand aus dünnen Panzerplatten, welche sich über einen großen Bereich des Schiffskörpers ausstreckten, um nach den Erfahrungen im Russisch-Japanischen Krieg gegen das dort vernichtend auftretende Schnellfeuer leichter Geschütze gewappnet zu sein. Deshalb war der Schutz gegen weittragende, schwerere Artillerie, welche etwa zur gleichen Zeit bei anderen Marinen eingeführt wurde, nicht ausreichend.
Um die Materialdicken möglichst gering zu halten, wurde zudem durchgehend hochzugfester Stahl eingesetzt, was die Kapazitäten der russischen Schwerindustrie überstieg. Deshalb dauerte der Bau der Schiffe von der Kiellegung im Jahr 1909 bis zur Fertigstellung 1914/1915 außerordentlich lange. Als Folge davon waren sie schon bei ihrer Fertigstellung den später begonnen, ausländischen Schlachtschiffen, unterlegen.
Alle Schlachtschiffe der Gangut-Klasse, von denen drei kurz nach Kriegsausbruch zwischen November 1914 und Januar 1915 in Dienst gestellt wurden, sahen nur wenige Einsätze im Ersten Weltkrieg. Das vierte Schiff der Klasse, Petropawlowks wurde erst im November 1915 einsatzbereit.
Von der britischen Firma Vickers war die Imperatriza-Maria-Klasse mit verstärkter Panzerung entworfen wurden und befand sich auf Werften am Schwarzen Meer im Bau. Und noch größere Schiffe, die Schlachtkreuzer der Borodino-Klasse mit 35,6-cm-Geschützen, wurden auf Ostsee-Werften auf Kiel gelegt. Alle diese besseren Großkampfschiffe konnten aber nicht mehr fertiggestellt werden.
Während des Jahres 1917 gelangten die Schiffe im Juli bis August unter die Kontrolle der Bolschewisten, wurden aber im Januar 1918 demobilisiert und im April nach Kronstadt gebracht.
Das einzige Schiff, welches während des russischen Bürgerkriegs Einsätze sah, war Petropawlowsk, welche 1919 von Torpedos britischer Motortorpedoboote in flachen Gewässern versenkt wurde. Sie wurde später gehoben, repariert und wieder bei der Roten Flotte in Dienst gestellt.
Wie zumeist üblich, wurden auch ihre Namen geändert, um die neue politische Ordnung zu symbolisieren. So hieß Gangut zu Beginn der 1920er Jahre Oktjabrskaja-Revoluzia, Petropawlowsk wurde zur Marat, Poltawa zu Michael Frunse und Sewastopol wurde zur Parischkaja Kommuna.
Die Schlachtschiffe erhielten begrenzte Modifizierungen zwischen den Kriegen, wobei die Anordnung der Brücke verändert wurde und ein vorderer Schornstein nach hinten abgeleitet wurde, um Rauch und Hitze vom Kampfdeck fernzuhalten. Dazu kam ein Katapult auf dem Q-Turm mit einem großen Kran, um drei Flugzeuge einsetzen zu können.
Während des Zweiten Weltkrieges wurden die drei verbliebenen Schiffe hauptsächlich für die Feuerunterstützung der Landkämpfe verwendet. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich Marat und Oktjabrskaja-Revoluzia in der Ostsee und Parischkaja Kommuna im Schwarzen Meer.
Im Winterkrieg beschoss Marat im Dezember 1939 finnische Stellungen. Nach Beginn von Unternehmen Barbarossa wurden alle Schlachtschiffe durch deutsche Artillerie und Bomber beschädigt oder auf Grund gebombt, überstanden aber den Krieg.
Ende der 1940er Jahre wurde Petroawlowsk zum Artillerieschiff Wolchow, während die beiden anderen Ausbildungsschiffe wurden.
Schließlich wurden alle zwischen 1952 und 1957 abgewrackt. Die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges selbst versenkte Miachel Frunse (die ursprüngliche Poltawa) wurde 1956 verschrottet.
Spezifikationen Schlachtschiffe Gangut-Klasse
Spezifikation Gangut-Klasse:
Gangut-Klasse | Spezifikation |
---|---|
Typ | Schlachtschiff |
Wasserverdrängung | 25.400 t |
Einsatzverdrängung | 26.590 t |
Länge zwischen den Loten | 180 m |
Länge über alles | 184,90 m |
Breite | 26,90 m |
Tiefgang | 8,30 m |
Kessel | 25 Kohle mit Ölzusatzbefeuerung (1941: 22 mit Ölfeuerung) |
Maschinen | Yarrow mit 4 Wellen |
Gesamtleistung | 61.000 PS (maximum) |
Brennstoffvorrat | 2.080 t Heizöl |
Geschwindigkeit | 23 kn (23,4 kn maximum) |
Fahrbereich | 940 sm bei 23 kn |
Besatzung | 1.286 |
Bewaffnung:
Gangut-Klasse | Spezifikation |
---|---|
Haupt-Bewaffnung | 12 x 30,5-cm-L/52 Geschütze in 4 Drillingstürmen |
Sekundär-Bewaffnung | 12 x 12-cm-Geschütze |
Flak | 1 x 4,7 cm, 8 x 7,62-mm-MGs (1941: 7 x 4,5 cm) |
Torpedorohre | 4 x 45-cm-Torpdorohre |
Minen | - |
U-Abwehr-Waffen | - |
Flugzeuge | (1941: 1) |
Panzerschutz:
Gangut-Klasse | Spezifikation |
---|---|
Seite (Gürtel) | 255 mm (Schiffsenden 125 mm) |
Deck | 25-38 mm |
Hauptartillerie | 105 - 230 mm |
Barbetten | 203 mm |
Kasematten (Sekundär-Artillerie) | 127 mm |
Kommandotürme | ? |
Einsatzstatistik:
Klassenschiffe | Gangut | Sewastopol | Petropawlowsk | Poltawa |
---|---|---|---|---|
Werft | Admiralitätswerft (St. Petersburg) | Baltische Werft (St. Petersburg) | = | Admiralitätswerft (St. Petersburg) |
Kiellegung | 13.7.1909 | 13.7.1909 | 13.7.1909 | 13.7.1909 |
Stapellauf | 7.10.1911 | 26.6.1911 | 9.9.1911 | 10.7.1911 |
Fertigstellung | 5.1.1915 | 17.11.1914 | 3.11.1915 | 17.12.1914 |
Verbleib | abgewrackt 1952 | abgewrackt 1957 | abgewrackt 1952 | verschrottet 1956 |
Quellenangaben und Literatur
Kriegsschiffe von 1900 bis heute – Technik und Einsatz (Buch und Zeit Verlagsgesellschaft)
The Illustrated Directory of Warships from 1860 to the present day (David Miller)
Flotten des 2. Weltkrieges (Antony Preston)
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