Browning Automatik-Pistolen


Browning Automatik-Pistole Modelle 1900, 1903, 1910 und Browning HP.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken und Bilder.

Browning HP-35
In Belgien gebaute automatische Pistole Browning HP-35

Browning Automatik-Pistolen

Die belgische Fabrique Nationale d’Armes de Guerre (FN) wurde in Zusammenarbeit mit dem Amerikaner John M. Browning gegründet, nachdem dieser die Firma Colt verlassen hatte. Aus dieser Zusammenarbeit gingen viele ausgezeichnete Waffenentwürfe hervor.

Pistole Automatique Browning

Browning Modele 1900
Browning Modele 1900

Die erste Pistole, die vom Zusammenschluss von Browning und FN gebaut wurde, war die Pistole Automatique Browning Modele 1900, eine ziemlich einfache Pistole mit wenig Schnickschnack und einer Kammer für 7,65-mm-Patronen.

Dieses Model 1900 wurde niemals offiziell als Standard-Dienstwaffe bei einer Armee eingeführt. Da die Waffe aber zu abertausenden produziert wurde, verwendeten sie viele Offiziere, welche ihre eigenen Pistolen mitbringen mussten.
Sie wurde auch in China und Spanien in größerer Anzahl nachgebaut, zumeist aber inoffiziell.

Das Modell 1903 war die belgische Version einer von Browning entworfenen Colt-Pistole, welche für die Verwendung einer europäischen Kartusche mit dem Namen 9-mm Browning Long hergestellt wurde. Das Modell 1903 verwendete einen einfachen Rückschlagmechanismus, welcher bei der relativ geringen Leistung der Kartusche verwendet werden konnte.
Die Waffe war einer der ersten modernen Selbstladepistolen und trotz der relativ kräftigen Patronen war der Verschluss beim Feuern nicht verriegelt. Stattdessen verwendeten sie einen dynamischen, dimensionierten Verschluss, was noch heute die Grundlage für Pistolen mit Hochleistungsmunition ist.
Die Browning-Pistole hatte eine Einzelbewegungsspannung mit innerem Schlagstück sowie mechanische und Handballensicherung.

Pistole Modell 1903 Browning
Pistole Modell 1903 Browning

Das Modell 1903 wurde von der belgischen Armee übernommen und weitere 95.000 Stück wurden in Schweden in Lizenz hergestellt. Während des Ersten Weltkriegs war sie die Standard-Pistole der Belgier.
Weitere Abnehmerländer waren die Türkei (7.550 Stück), Serbien, Dänemark und die Niederlande. An einigen Versionen konnte eine Schulterstütze angebracht werden, welcher auch als Pistolentasche diente.

Die Herstellung in der FN-Fabrik erfolgte von 1903 bis 1937, sowohl für den Zivilmarkt, als auch für die Streitkräfte.


Pistole Automatique Browning Modèle 1910

Browning Modele 1910
Browning Modele 1910

Die Pistole Automatique Browning Modèle 1910 ist so etwas wie eine Kuriosität unter allen Pistolen-Entwürfen. Obwohl die Waffe praktisch seit 1910 ununterbrochen gebaut wurde, wurde sie niemals offiziell irgendwo als Dienstwaffe angenommen.
Trotzdem wurde die Pistole zeitweise in großem Umfang von vielen Streitkräften eingesetzt und der Grundentwurf wurde von anderen Konstrukteuren weit verbreitet kopiert oder plagiiert.

Diese automatische Pistole war ein weiterer Entwurf des Erfindergeistes von John Moses Browning. Fast alle Pistolen Modell 1910 wurden in der Fabrique Nationale d’Armes de Guerre – allgemein bekannt einfach als FN – in Lüttich in Belgien gebaut. Die Waffe befand sich in Belgien bis 1983 in der Herstellung für den kommerziellen Verkauf.
Ein bestimmter Grund, warum sich diese Pistole eine solch lange Zeit in der Produktion befand, lässt sich heute nicht mehr bestimmen. Vermutlich deshalb, weil es sich um einen einfachen, sauberen Entwurf handelt.

Der vordere Teil des Pistolengehäuses hatte um den Lauf herum ein rohrförmiges Aussehen. Dies hatte seine Ursache darin, dass die Rückschlagsfeder um den Lauf selbst herumgewickelt ist, anstatt sich unter- oder oberhalb des Laufs wie bei den meisten anderen Entwürfen zu befinden.
Diese Feder wird durch einen Bajonettverschluss um die Mündung herum festgehalten, was das Modell 1910 mit einem weiteren Erkennungsmerkmal versah. Zudem war die Pistole mit angewandten Sicherheitsvorkehrungen und Griff versehen.


Das Modell 1910 kommt in zwei Formen vor: entweder im Kaliber 7,65 mm oder 9 mm kurz. Äußerlich sind diese zwei Versionen identisch und verwenden ein einsteckbares Magazin mit sieben Patronen.
Wie bei allen Produkten von FN war der Standard bei Herstellung und Verarbeitung hervorragend. Allerdings bei Kopien, welche an Orten wie Spanien hergestellt wurden, war diese Vorgabe nicht erreicht worden.

Die Pistole Modell 1910/22 mit Kaliber 9mm kurz wurde zwischen 1923 und 1983 gebaut und war eine Verlängerung des ursprünglichen Modells 1910. Sie hatte einen nicht verriegelten Masseverschluss und eine um den Lauf gewundene Vorholfeder.
Ursprünglich wurden von dieser Waffe 60.000 Stück für die jugoslawischen Streitkräfte bestellt. Auch die holländische Streitkräfte übernahmen diese Pistole vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und später auch die Wehrmacht.

Modell 1910/22 Browning
Pistole Modell 1910/22 Browning

Diese ausgezeichnete Verarbeitung wurde auch bei einer der wenigen Großserienproduktionen des Modells 1910 fortgesetzt. Dies geschah, nachdem die Wehrmacht 1940 Belgien besetzt hatte und die Herstellung einer großen Anzahl von Pistolen verlangte.
Um diese Forderung zu erfüllen, wurde das Modell 1910 weitergebaut und die Masse ging an die deutsche Luftwaffe, wo diese als Pistole P621(b) an die Besatzungen von Flugzeugen ausgegeben wurde.

Zuvor war das Modell 1910 schon in geringen Stückzahlen an die belgischen Streitkräfte ausgegeben worden. Auch zahlreiche andere Nationen verwendeten die Pistole Modell 1910 in geringen Umfang bei ihren Streitkräften oder im Polizeidienst.

Die Gesamtzahl aller gebauten Modell 1910 muss sich auf mehreren hunderttausend belaufen haben.


Browning HP

Browning 9mm HP mit Schiebevisier
Browning 9mm HP mit Schiebevisier

Diese Pistole wurde ursprünglich von John Moses Browning bis zu seinem Tod im Jahr 1925 entworfen, von seinem belgischen Schüler Dieudonne Saive in der Fabrique National d’Armes de Guerre aus Herstal in Belgien fertig entwickelt worden und 1935 als ‚Browning High Power‘ (HP) oder ‚Modell 35‘ eingeführt.
Die Entwicklung beruhte auf einer Anfrage der französischen Armee, welche nach Beendigung des Ersten Weltkriegs eine neue Pistole suchte.

Daraus leitete sich auch ihr Name ab, der allgemein HP (High Power = Hochleistung) lautet oder in Belgien ‚Pistole Automatique Browning GP35‘, wobei ‚GP35‘ für ‚Grand Puissance Modele 1935‘ steht.
Sie wurde von den belgischen Streitkräften übernommen und auch von der litauischen, dänischen, rumänischen und verschiedenen anderen Armeen in geringer Zahl vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges verwendet.
Zuvor erfolgten auch noch große Bestellungen aus China, Peru, Estland und verschiedenen anderen Staaten. Insgesamt wurden etwa 70.000 Pistolen bis zur deutschen Besetzung von Belgien fertiggestellt und die Wehrmacht erbeutete 3.433 Pistolen HP-35.

Nach Kriegsausbruch wurden die Konstruktions-Zeichnungen nach Großbritannien gebracht, aber zu diesem Zeitpunkt gab es weder einen besonderen Bedarf an der Waffe noch verfügbare Fertigungskapazitäten.
In Belgien war die FN-Fabrik zwischenzeitlich von den deutschen Truppen besetzt und die Herstellung der Pistolen wurde fortgesetzt.
Die deutsche Bezeichnung lautete Pistole Modell 35(b) oder P620(b) und die meisten davon wurden an Einheiten der Waffen-SS und die Fallschirmjäger ausgeliefert. Bei der Waffen-SS wurde die Browning HP sogar zur Standardpistole. Insgesamt wurden 319.000 Stück bis zur Befreiung von Lüttich im September 1944 hergestellt.


Ihr Konstrukteur J. Saive floh jedoch schon vor dem Eintreffen der Deutschen nach Großbritannien. Die Aufzeichnungen sind in diesem Punkt nicht ganz klar, aber es scheint so, dass auch 1941 in Großbritannien eine sehr kleine Zahl zur Erprobung hergestellt wurde. Sie erhielten die Bezeichnung ‚Pistol Browning 9mm (FN) Automatic (Mk 1, UK)‘, wurden aber nie offiziell übernommen und die Entwurfsfreigabe wurde anschließend im April 1945 wieder aufgehoben.

Zwischenzeitlich waren die Konstruktionsunterlagen jedoch nach Kanada weitergegeben und die Pistole wurde mithilfe ihres Konstrukteurs bei der Firma John Inglis in Toronto in Produktion genommen. Die ersten Produktionschargen wurden an die national-chinesischen Streitkräfte geliefert. Sobald deren Bedarf erfüllt worden war, wurde auch die kanadische Armee damit beliefert und eine Anzahl wurde auch nach Großbritannien geschickt und an Kommando- und Luftlandetruppen ausgegeben.

Browning HP mit Schulterstück
Browning HP mit angebrachtem Schulterstück.

Die Pistole war ursprünglich so entworfen worden, dass sie mit einem optimistischen, bis auf 500 Metern bzw. 500 Yards abgestuften Schiebevisier und einem hölzernen Holsterschaft ausgerüstet werden konnte, welcher hinten umgeklappt werden konnte, um zu einer Art Karabiner zu werden.
Die an China ausgelieferten Waffen entsprachen noch diesem Muster, da in chinesischen Militärkreisen solche exotischen Dinge als unerlässlich galten.

Die nach Kanada und Großbritannien gelieferten Modelle erhielten stattdessen ein einfaches Visier und hatten keinen Holsterschaft. Insgesamt wurden von Februar 1944 bis September 1945 in Kanada 15.816 Pistolen unter der Bezeichnung No.1 Mk I (mit Schiebevisier) und No.2 Mk I (mit starrem Visier) gebaut.

Browning HP-35
Kanadische Pistole Browning HP-35

Nach 1945 wurde die Produktion der Waffe wieder in Lüttich aufgenommen und viele Nationen verwendeten sie als Standardpistole. Dazu wurden auch verschiedene kommerzielle Modelle entwickelt und sogar eine Sportschützen-Version. Die britische Armee verwendete in der Nachkriegszeit die Browning HP unter der Bezeichnung Pistol Automatic L9A1. Die Waffe wird auch heute immer noch weiterentwickelt und an dutzende Streitkräfte ausgeliefert.

Die Browning HP war eine sehr beliebte Waffe, da sie sehr wirkungsvoll und zuverlässig war. Sie feuerte die standardmäßige 9-mm-Parabellum-Kartusche ab, wie sie auch von der Sten MP verwendet wurde und auf dem europäischen Kontinent in großen Mengen für zahlreiche Waffen vorhanden war.
Ihre Magazingröße von 13 Patronen war ungewöhnlich und weitaus mehr, als bei jeder andere Handfeuerwaffe. Dieser Vorteil wurde häufig gegen diejenigen Feinde ausgenutzt, die scharfsinnig Schüsse zählte und sich nach acht Schuss sicher waren, den Schützen der Pistole beim Wechseln des Magazins vorzufinden, was dann aber zu unangenehmen Überraschungen führte.

Trotz des großen doppelreihigen Magazins ist der Griff nicht allzu breit, obwohl jedoch viel Übung und eine allgemeine Erfahrung im Umgang mit der Pistole notwendig ist. Die Waffe verwendet den verriegelten Browning-Verschluss mit dem durch den beim Schießen entstehenden Rückstoß als Antriebsmechanismus und hat einen externen Schlagbolzen.
In vielerlei Hinsicht ist der Mechanismus der gleiche, wie beim Colt M1911, welcher ja auch von Browning entworfen war. Jedoch wurde dieser bei der Browning HP der Qualitätskontrolle angepasst und verwendete Vorteile aus der zurückliegenden Konstruktionserfahrung.

Die Browning HP ist einer der erfolgreichsten Pistolen-Entwürfe, welche jemals produziert wurden. Nicht nur, dass sie immer noch weit verbreitet im Dienstgebrauch ist, ihre Stückzahlen müssen sogar größer sein, als von allen anderen Typen zusammengenommen.
Dazu wurde die Waffe in verschiedenen Varianten an zahlreichen Orten und in verschiedenen Ländern gebaut. Deshalb gibt es zahlreiche Versionen, welche aber alle die Standardpatrone 9 mm Parabellum verfeuern. Bei einigen Modellen ist das Magazin fest eingebaut und es gibt eine verstellbare Kimme und Korn. Neben dem zuvor schon erwähnten Holster-Holzschaft zum Einsatz als eine Art Karabiner gibt es auch Versionen mit Leichtmetall-Rahmen zur Gewichtsreduzierung.


Mehr über Browning-Pistolen:


Spezifikationen Browning Automatik-Pistolen

Spezifikationen:

SpezifikationModell 1900Modell 1903Modell 1910Browning HP
TypSelbstladepistole===
Kaliber7,65 mm9 mm (Browning long)7,65 mm oder 9 mm kurz9 mm Parabellum
Länge16,25 cm20,6 cm15,2 cm bzw 17,8 cm bei Modell 1910/22 19,8 cm
Gewicht0,625 kg0,94 kg0,57 kg bzw. 0,705 kg bei Modell 1910/22 0,94- 1,01 kg
Lauf10,20 cm12,7 cm8,9 cm11,2 cm mit 4 rechtsläufigen Zügen
Magazin777 bzw. 8 bis 9 bei Modell 1910/22 13
FunktionRückstoss==Rückstoss, Browning-Verschluss
Geschossgeschwindigkeit290 m/sek320 m/sek299 m/sek354 m/sek

Einsatzstatistik:

AngabenModell 1900Modell 1903Modell 1910Browning HP
HerstellerFabrique Nationale d’Armes de Guerre (FN), Lüttich (Belgien)==zusätzlich bei John Inglis&Co, Toronto (Kanada)
Produktionsbeginn190019031910 (9-mm-Modell 1910/22 ab 1923)1935 (in Kanada Februar 1944)
Truppeneinführungnur inoffiziellim 1. Weltkrieg (1914-18) Standardpistole der belgischen Armeeerstmals im 1. Weltkrieg. Im 2. Weltkrieg hauptsächlich vom Flugpersonal der deutschen Luftwaffenach Produktionsbeginn
Endlieferung?19371983immer noch in Produktion (in Kanada bis September 1945)
Produktionszahl?u.a. 95.000 Schweden, 7.550 Türkeimehrere Hunderttausend70.000 bis Mai 1940; 319.000 bis Sep 1944 für Waffen-SS und Fallschirmtruppe; 15.816 in Kanada
Stückpreis????


Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)
Illustriertes Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg (V. Dolinek, V. Francev, J. Sach)
The Illustrated Encyclopedia of Weapons of World War I (Chris Bishop)
The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)


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