PIAT


PIAT (Projector Infantry Anti-Tank) Panzerabwehrwaffe der britischen Armee im 2. Weltkrieg.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3D-Modell.

PIAT
Projector Infantry Anti-Tank (PIAT) mit Bomben.

Projector Infantry Anti-Tank (PIAT)
Typ: Leichte Panzerabwehrwaffe der Infanterie.

Geschichte


Der ‚Projector Infantry Anti-Tank‘ wurde unter der kurzen Bezeichnung PIAT bekannt. Diese leichte Panzerabwehrwaffe der britischen Infanterie im Zweiten Weltkrieg war das Ergebnis mehrere Jahre von Versuchen und Experimenten des Generalobersten Blacker.
Dieser Offizier war schon lange von dem Gedanken eines Zapfen-Entladers fasziniert. Solch ein Gerät verzichtet auf den üblichen Lauf und ersetzt ihn durch ein hohles Hinterteil mit dem Projektil. Eine Perkussionspatrone innerhalb dieses Hinterteils wird durch einen Schlagbolzen getroffen. Dieser Schlagbolzen ist eine schwere Stahlstange, welcher in das Ende des Projektils gedrückt wird, während dieses sich in einer einfachen Ablage befindet. Die Explosion der Patrone sprengt das Projektil von dem Zapfen. Die zurückgelegte Strecke auf dem Zapfen vermittelt dabei dem Geschoss eine ausreichende Genauigkeit auf sein Ziel.

Blackers erstes Patent für diese Art einer Waffe erschien in den frühen 1930er Jahren und bis 1937 hatte er ein Exemplar mit dem Namen ‚Arbalest‘ gebaut. Mehrere Stücke davon wurden 1939 von der Parnell-Flugzeug-Gesellschaft für Versuche bei der britischen Armee hergestellt.
Allerdings wurden diese im Mai 1939 abgelehnt, da der 2-inch-Mörser ein besser Vorschlag für einen Granatwerfer schien.

Im Jahr 1940 wurde Generaloberst Blacker jedoch zum MD1 (Ministry of Defense 1) versetzt, einer militärischen Einrichtung zur Untersuchung und Entwicklung von unorthodoxen Waffen, insbesondere für Geheimoperationen. Daher wurde die Einrichtung auch als ‚Winston Churchill’s Toy Shop‘ (Winston Churchills Spielzeugladen) bezeichnet.
Nachdem er den Arbalest überarbeitete hatte, stellte Blacker ihn dort als kombinierte Waffe zur Panzerbekämpfung und zum Bombardement vor. Er behauptete, dass die Waffe die gleiche Leistung wie 2-Pfünder-Panzerabwehrkanone hätte und nahezu die gleiche Reichweite wie der 3-inch-Granatwerfer.
MD1 reichte den Entwurf Ende 1940 an vorgesetzte Dienststellen weiter und obwohl sie etwas schief von den meisten Verantwortlichen angesehen wurde, ging die Waffe als ’29-mm Spigot Mortar‘ bzw. ‚Blacker Bombard‘ 1941 in die Produktion und wurde weit verbreitet von der Home Guard und Flugplatz-Sicherungseinheiten verwendet.

Blacker entwickelte nun eine kleinere, durch einen Mann tragbare Version, welche er als ‚Baby Bombard‘ bezeichnete. Bevor er aber mit dem Entwurf noch viel anstellen konnte, verließ er MD1 auf einen anderen Posten, wo er nicht mehr genügend Zeit für seine Experimente hatte.

Der Prototyp des ‚Baby Bombard‘ blieb jedoch beim MD1 zurück, wo Major (später Generalmajor) M.R. Jefferis weiter an ihm arbeitete. Im Juni 1941 wurde die Waffe als ‚Bombard Baby 0.625 inch No.1‘ (die Maßeinheit gibt den Durchmesser des Zapfens an) zu ersten Versuchen vor der Waffenbehörde vorgeführt. Diese war jedoch nicht beeindruckt und meldete, dass ‚der Baby-Bombard unter allen denkbaren Umständen und Einsatzweisen als Panzerabwehrwaffe ineffektiv sein würde.‘
Dieser Ansicht stimmten solch gewichtige Personen wie der Direktor der Artillerie und der Assistent des Generalstabs zu und am 11. August 1941 wurde die Waffe offiziell fallengelassen.

Neben anderen Dingen waren es vor allem die ineffektiven leichten Bomben der Waffe, welche zu dieser Entscheidung geführt hatten. Deshalb entwickelte Jefferis in den nachfolgenden Monaten eine effektive Hohlladungsbombe, welche er im Februar 1942 verschiedenen, interessierten Stellen vorlegte.
Dies scheint die Lage der Dinge verändert zu haben und Mitte März wurden Prototypen des PIAT hergestellt und die Möglichkeiten zur Verwendung von Hochexplosiv-, Nebel–, Blend- und Signal-Geschossen untersucht.
Die Versuche mit der neuen Bombe waren erfolgreich und die Waffe ging in Produktion. Am 31. August 1942 wurde der PIAT offiziell angenommen.

PIAT Innenleben
Das Innenleben des Mechanismus des PIAT mit seiner gewaltigen Spiralfeder.

Der Mechanismus des PIAT war sehr einfach: Eine enorme Feder wurde durch das Entriegeln des Schulterpolsters gespannt. Indem man darauf steht und die Waffe anhebt, werden Feder und Zapfen in den Rahmen gepresst und durch einen einfachen Mechanismus festgehalten. Der Rahmen wurde dann wieder an das Schulterstück zurückgesetzt und die Waffe war feuerbereit.
Eine Bombe wurde nun in die vordere Führungsschiene gesetzt und wenn der Abzug zurückgezogen wurde, erfolgte die Freigabe des Zapfens, welcher in den rückwärtigen Teil der Bombe eindrang und die dortige Treibladung explodieren ließ.
Diese Explosion schleuderte die Bombe nach vorne und drückte zur gleichen Zeit den Zapfen wieder in den Rahmen der Waffe zurück, wodurch diese nun schon auch wieder für den nächsten Schuss gespannt war.

Die maximale Kampfreichweite lag bei weniger als 100 Metern, wenn auch Bomben bis zu einer Entfernung von knapp 700 Metern verschossen werden konnten. Die vorgesehenen Anti-Infanterie- und Signalbomben wurden niemals eingeführt.


britischer 'Tommy'
Ein britischer ‚Tommy‘, bewaffnet mit Sten-MP und PIAT zur Panzervernichtung.
Innerhalb der Einschränkungen des PIAT war es eine verblüffend effiziente Waffe, aber es wäre unangemessen, die sie populär bei den britischen und alliierten Soldaten zu bezeichnen.
Die Waffe war schwer und unhandlich zu tragen, kompliziert und nur unter großer Kraftaufwendung zu spannen und erzeugte gewaltige Kräfte beim Abfeuern. Trotzdem wurde das PIAT missgünstig respektiert für den Zweck, wofür es entworfen wurde: in den Händen eines resoluten Mannes konnte sie effektiv jeden Panzer stoppen.

Zweifellos der bekannteste Vorfall dieser Art fand in Italien statt, als Füsilier Jefferson ins Freie sprang und zwei Tiger-Panzer aus nächster Nähe und aus der Hüfte mit einem PIAT abschoss. Für diesen herausragenden Einsatz wurde er mit dem Victoria Cross ausgezeichnet, aber die allgemeine Meinung unter den Soldaten war, dass er die Auszeichnung vor allem dafür erhielt, dieses Ding aus der Hüfte abgeschossen und weniger als zwei Panzer mit erledigt zu haben.

In jedem Fall konnte die Hohlladungsgranate des PIAT jeden üblichen Kampfpanzer außer Gefecht setzen und war damit in der Leistung vergleichbar zur amerikanischen Bazooka und deutschen Panzerfaust, wenn auch keine chemische Energie, sondern mechanische Federn zum Abfeuern verwendet wurden.

Mit Explosiv- oder Nebelgranaten war der PIAT auch gut in Häuserkämpfen zu gebrauchen und war damit eine vielfältig einsetzbare Waffe, im Gegensatz zu den anderen leichten Panzerabwehrwaffen.
Die PIAT ersetzte die bisherige Boys-Panzerabwehrbüchse als leichte Standard-Panzerabwehrwaffe und wurde weit verbreitet bei den britischen und Commonwealth-Streitkräften verwendet.

Nur die kraftvolle Feder machte sie unpopulär, da zumeist zwei Mann für den Transport und Einsatz der Waffe notwendig waren. Und wenn die Bombe das Ziel verfehlte oder nicht außer Gefecht setzte, war die Waffe nahezu unbrauchbar, da es viel zu riskant war, sie im Gefecht nachzuladen.
Wenn die Bombe aber traf, konnte sie jeden Panzer außer Gefecht setzen. Dazu war der PIAT oft die einzige Hauptbewaffnung leichter Fahrzeuge, wie dem Universal Carrier und einigen Panzerspähwagen.

Der PIAT wurde noch einige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg von den britischen Streitkräften verwendet, dann aber so schnell wie möglich durch andere Waffen ersetzt. Zwar war der PIAT ein effektives Panzerbekämpfungsmittel, aber sein Funktionsprinzip war außergewöhnlich und wurde sonst bei keiner anderen Waffe verwendet.
Sein Vorteil lagen vor allem darin, dass die Waffe einfach und relativ billig in großen Mengen gebaut werden konnte, als die britische Armee dringend eine leichte Panzerabwehrwaffe benötigt hatte.

Benutzer: Britische und Commonwealth-Armeen.


Animation 3d-Modell PIAT


Spezifikationen PIAT

Spezifikationen:

Projector Infantry Anti-Tank (PIAT)Spezifikation
Typ Panzerabwehr-Werfer mit Federspirale
Kaliber -
Länge 99,0 cm
Gewicht 14,51 kg
Geschoss und Gewicht Hohlladung 1,36 kg
Funktion Einschüssiger Zapfenentlader
Maximale Reichweite700 m
Effektive Reichweite100 m
Geschossgeschwindigkeit 76-137 m/sek
Durchschlagskraft ca. 75-102 mm / 0°


Einsatzstatistik:

PIATAngaben
Serienproduktion1942
Truppenlieferung31. August 1942
Endlieferung1945
Stückzahl?
Stückpreis ? (relativ billig)


Panzerabwehr-Granate No. 76

Grenade No. 76
Typ: Hand- oder Werfer-Granate zur Panzerabwehr.

Geschichte

Diese Granate wird allgemein als ‚S.I.P.‘ oder ‚Self Igniting Phosphorus‘ (‚Selbstzündende Phosphor‘-) Granate bezeichnet. In ihren Anfängen wurde sie auch als ‚A.W.-Bombe‘ bezeichnet, nach den Herrschaften Albright und Wilson aus Oldbury, die damals die Hauptproduzenten von weißem Phosphor waren und welche die Granate auch entwickelt hatten.

Es scheint, dass sie erstmals am 29. Juli 1940 vorgeführt wurde. Ein zeitgenössischer Bericht stellte fest: ‚Mit der Brandmischung gefüllte Glasflaschen wurden auf Holzstücke und in eine Hütte geworfen. In allen Fällen wurde ein heftiges Feuer entfacht‘.

Granate No. 76
Aufbau der für Freund und Feind gleichermaßen gefährlichen Granate No. 76 zur Panzerabwehr.
Ursprünglich, so scheint es, war die Idee, die Mischung als Brandbombenfüllung für den Einsatz bei der RAF zu verwenden, wobei die Vorführung mit dem Werfen von Glasflaschen nur eine einfache Art war, die selbstzündende Eigenschaft zu demonstrieren. Die RAF gab zwar zu, dass sie sehr effektiv waren, lehnte den Vorschlag jedoch mit der durchaus vernünftigen Begründung ab, dass ‚die Mitnahme von spontan entflammbaren Flüssigkeiten in Flugzeugen nicht als wünschenswert angesehen wird.‘

Der Keim der Idee war jedoch nicht mit der Ablehnung der RAF ausgelöscht und einige Zeit später im gleichen Jahr wurde die Granate No. 76 geboren.
Die Hülle der Granate war einfach eine halbe Glasflasche und die Füllung bestand aus einer Mischung aus Phosphor, Benzin, Wasser und anderen Chemikalien sowie einem Streifen Rohgummi. Der Gummi wurde während der Lagerung weich und löste sich teilweise auf und verlieh der Mischung eine klebrige Eigenschaft. Beim Werfen zerbrach die Flasche und der Inhalt entzündete sich spontan und deshalb wurde die Granate in erster Linie als Panzerabwehrwaffe ausgegeben.

Northover-Projektor (Werfer)
Ein Northover-Projektor (Werfer) im Einsatz 1941 bei der Home Guard.

Irgendwann im Jahr 1941 kam jemand auf die Idee, diese Granate aus dem Northover-Projektor (Werfer) der Home Guard abzufeuern. Die ursprünglichen Flaschen waren ziemlich schwach und zerbrachen häufig unter der Kraft der Treibladung, so dass eine stärkere Flasche verwendet wurde. Um diese zu unterscheiden, wurden sie mit einem grünen Kronkorken versiegelt, die Versionen für den Einsatz per Hand hatten einen roten.
Beim Schuss aus dem Projektor wurde ein Pappring über den Flaschenhals gestülpt. Dieser passte genau in den Lauf der Waffe und verhinderte, dass die Flasche beim Schuss aus dem Lauf nach unten oder gar aus dem Lauf herausrutschte, wenn sie in einem nach unten gerichteten Winkel abgefeuert wurde.

Die Granate No. 76 wurde in den Jahren 1940 und 1941 an Armeeeinheiten in Großbritannien ausgegeben, war aber weitgehend bei der Home Guard im Einsatz. Sie wurde im Februar 1944 offiziell für veraltet erklärt, aber 1940 und 1941 wurde eine große Anzahl dieser Granaten ohne sehr strenge Buchführung ausgegeben.
Viele wurden gegen eine mögliche Invasion in unterirdischenb Speichern vergraben und später vergessen. Sie werden noch heute bei Bauarbeiten ausgegraben und selbst nach dieser langen Zeit sind sie immer noch hochgefährliche Fundstücke.

Spezifikationen Granate No. 76:
Länge: 15,24 cm
Gewicht: 0,54 kg
Füllung: Mischung aus Phosphor, Benzin usw.
Zünder: keiner, brennbare Flüssigkeit beim Aufschlag.


Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)


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