Vickers-Maschinengewehr


Englisches schweres Maschinengewehr Mk I Vickers beider Weltkriege.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken und Bilder.

Vickers-Maschinengewehr
Vickers-Maschinengewehr

Vickers Mk I
Typ: schweres Maschinengewehr.

Geschichte


Großbritannien war unter den ersten Ländern, wo das Maxim-Maschinengewehr nach einer Vorführung im Jahr 1887 eingeführt wurde. Der Bau erfolgte durch die Maxim Gun Company, bei der Albert Vickers ein Vorstandsvorsitzender war.
Später wurde die Firma zu Vickers‘ Sons & Maxim Limited und eine Fertigungslinie für verschiedene Modelle wurde in Crayford in Kent eingerichtet und Maxim-Maschinengewehre aus der Fabrik wurden neben der britischen Armee auch an viele andere Abnehmer ausgeliefert.

Zwar waren den Vickers-Ingenieuren die Vorzüge des Maxim-Maschinengewehrs klar, aber sie überlegten, ob durch einen Neuentwurf etwas Gewicht eingespart werden konnte. Durch vorsichtige Belastungsstudien wurde ein guter Teil des Mechanismus nach und nach leichter gemacht und die Grundfunktion umgekehrt, sodass der von Maxim erfundene Kipphebelverschluss ebenfalls leichter wurde. Dabei wurden auch die ursprünglich aus Bronze hergestellten Teile durch Qualitätsstahl ersetzt.

Dies kann man besser verstehen, wenn man sich den Ablauf der Funktionen ansieht, welche im kurzen Rückstoß-Mechanismus des Vickers vorkommen.

Munitionszufuhr beim Vickers-MG
Details der Munitionszufuhr beim Vickers-MG.

In dem Moment, wo die Patrone abgefeuert wurde, war der Kippschalter-Mechanismus, welcher aus zwei Hebeln besteht, in einer Reihe mit der Mittelscharnier-Linie mit beiden Hebeln. Dies gab dem Mechanismus eine sehr positive und starke Sperre und der einzige Weg, das Kipphebelgelenk zu öffnen, war eine Bewegung nach oben. Diese wurde nicht im Moment des Schusses durchgeführt, denn die Rückstoßkräfte tendierten dazu, den Verschlussblock in einer geraden Linie nach hinten zu drücken. Wenn die Patrone den Lauf verließ, entwichen die Gase in eine kleine Mündungskammer und drückten den Lauf zurück, welcher seinerseits mehr Kraft auf den Verschlussblock ausübte. Zusammen bewegten sie sich nach hinten, dabei schlugen die zwei Kipphebel auf eine feste Stelle, wobei der Hebel so eingerichtet war, dass er nach oben geschoben wurde. Dies beendete die Postaktivverriegelung und der Lauf konnte sich nun unabhängig weiter nach hinten bewegen, wobei er die verbrauchte Patronenhülse aus der Kammer mitnahm.
Im selben Augenblick konnte das Nachladen erfolgen, bei dem der Verschlussblock sich nach hinten bewegte und eine Ladung auf eine Feder, der sogenannten Zündfeder, platzierte. Dies führte dazu, dass der Verschlussblock sich wieder in seine ursprüngliche Position zurückbewegte.
Dieser Vorgang wurde so lange durchgeführt, wie der Auslöser vor dem Haltegriff des Schützen gedrückt wurde.

Die daraus resultierend Waffe wurde zum Vickers-Maschinengewehr (Vickers Gun). Es war verhältnismäßig nicht viel leichter als ein vergleichbares Maxim-Maschinengewehr, jedoch war die Funktionsweise erheblich verbessert, was die Waffe effizienter und auch die Herstellung etwas einfacher machte.
Sie wurde für den Dienst in der britischen Armee am 26. November 1912 als Maschine Gun Vickers 0.303-in Mk I übernommen und die gesamte Produktion anfangs übernommen. Es sollten noch zehn weitere Mark-Modellnummern nachfolgen.

Der Vickers-Konzern baute das Maschinengewehr später in London auch für die Armeen von Kanada, Indien, Australien, Neuseeland und weitere Länder der britischen Dominions. Auch die amerikanische Firma Colt baute es während des Ersten Weltkrieg für die amerikanische und russische Armee und in Großbritannien gebaute Exemplare gingen auch nach Italien.

amerikanisches Vickers-MG
Ein in den USA während des Ersten Weltkrieg gebautes Vickers-MG mit britischem Mk IVB Dreibein.

Bei der britischen Armee wurde das Maschinengewehr zur Zeit der Einführung allerdings immer noch mit solchem Argwohn betrachtet, dass es nur in einer Rate von zwei Stück je Infanterie-Bataillon eingeführt wurde.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs änderte sich die Zuteilung jedoch drastisch. Neue Produktionszentren wurden bald eingerichtet, einige davon in den staatlichen Fabriken der Royal Ordnance Factory, aber der Grundentwurf blieb während der gesamten, langen Bauzeit unangetastet. Das letzte gebaute Vickers-Maschinengewehr war immer noch wie das erste und Veränderungen betrafen nur Details.


Der Mechanismus des Vickers-MG spiegelt die Ära wider, in welcher es entworfen wurde. Es war eine komplizierte Konstruktion zur Lösung einer anspruchsvollen Aufgabe, welche die Munitionszufuhr von Randkartuschen aus einem Stoffgurt darstellte.
Infolgedessen war es ein harter Weg, es zu bauen, wodurch teure Maschinen und passgenaue Bauteile aus kritischen Materialien notwendig waren. Trotz oder gerade deswegen wurde das Vickers zu einem Synonym für Zuverlässigkeit.

Wie die meisten Maschinengewehre dieser Zeit war das Vickers-MG von mechanischen Verklemmungen betroffen, wovon die meisten von der Munition verursacht wurden. Sonstiges mechanisches Versagen im Einsatz war aber selten.

Deshalb wurde eine Reihe von Übungen exerziert, um die Waffe schnell wieder feuerbereit zu machen. So wurden 25 mögliche unterschiedliche Arten von Verklemmungen im Drill-Buch aufgeführt, zusammen mit den dazugehörigen Symptomen. Da wurde aufgeführt, wenn die Waffe mit dem Kurbelgriff in dieser oder jener Stellung aufhörte zu feuern, dann war dies oder jenes die Ursache und wie es behoben werden konnte. Das erforderte schon ein gutes Erinnerungsvermögen und einen kühlen Kopf vom Schützen mitten im Gefecht.

Deshalb erforderte dieser Drill einige Übungen, sodass mit der Zeit das spezielle Maschinengewehr-Korps (Machine Gun Corps) innerhalb der britischen Armee gebildet wurde, sodass die Erfahrungen und Fähigkeiten auf eine relativ kleine Gruppe beschränkt wurden und nicht über alle Regimenter der expandierenden Armee verteilt werden mussten.
Das Maschinengewehr-Korps entwickelte auch seinen eigenen Korpsgeist, was dazu führte, dass die Maschinengewehrschützen ihre Waffen mit etwas mehr Temperament verwendeten. Ihr Mützenabzeichen zeigte zwei überkreuzte Vickers-Maschinengewehre.

Vickers Gun Mark I
Vickers Gun Mark I mit Zielfernrohr, Munitionskiste und Wasserbehälter.

Jedoch waren diese Unterbrechungen beim Feuern selten und beeinflusste nicht die Zuverlässigkeit über einen längeren Zeitraum. Im Einsatz konnte das Vickers-Maschinengewehr daher meist so lange schießen, wie Munition dafür zur Verfügung stand.
Vickers-Maschinengewehre verfeuerten fantastische Mengen an Munition bei der Feuerunterstützung, vor allem im Ersten Weltkrieg. Eine Waffe verschoss über einen Zeitraum von 12 Stunden 10.000 Schuss pro Stunde, eine Zuverlässigkeit, welche durch moderne Entwürfe aus Pressstahl und angeblich wundersamen Federkonstruktionen wohl kaum zur Hälfte erreicht werden dürfte.

Das Wasser im Kühlmantel musste aufgefüllt werden und nach ersten Erfahrungen, als verdampfendes Wasser vom Kühlmantel die Stellung der Waffe verriet, wurde ein spezielles Kondensator-System eingeführt, um den Dampf zu verbergen. Dabei wurde über einen Schlauch ein Wasserkanister mit der Waffe verbunden und nach einiger Zeit konnte daraus das Wasser im Kühlmantel ersetzt werden.

Vickers-MG Rauchschwaden
Hier zeigt ein Vickers-MG seine verräterischen Rauchschwaden vom Wasser-Kondensator.

Das Vickers-Maschinengewehr war üblicherweise auf einem schweren Dreibein montiert. Aber es gab Variationen des Grundentwurfes, darunter luftgekühlte Versionen zur Verwendung in Flugzeugen, welche gewöhnlich fest und starr eingebaut waren.


Vickers-MG im Zweiten Weltkrieg

Das Vickers Machine-Gun Mk 1 hatte gute Leistungen im Ersten Weltkrieg gezeigt und übertraf dabei in vielerlei Hinsicht die fast aller seiner Zeitgenossen. Folglich blieb das Vickers-Maschinengewehr auch nach 1918 die Standardwaffe bei der britischen Armee und auch bei vielen Streitkräften des Commonwealth
Viele wurden auch in die ganze Welt exportiert, von denen die meisten aber eingelagerte Waffen waren, da die Produktion nach Kriegsende bei Vickers Hauptproduktionsstätte in Crayford in Kent nur auf niedrigem Niveau weiter lief.


Viele weitere Variationen wurden zwischen den beiden Weltkrieg gebaut und das Vickers-Maschinengewehr wird selbst heute noch von einigen Streitkräften verwendet. Trotz seiner veralteten Konstruktion war es zuverlässig und bei den Soldaten beliebt.

Einige Innovationen wurden trotzdem vor 1939, dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, eingeführt. Die weit verbreitete Einführung der Panzer und anderer Kampffahrzeuge hatte zu einer Rekonstruktion des Vickers-MG als Teil ihrer Bewaffnung geführt. So wurden ab 1939 bei Vickers zwei spezielle Typen von Maschinengewehren zum Einbau in Panzern hergestellt.
Diese gab es in zwei Kalibern: das Vickers-MG Mk IVB, VI; VI* und VII im Kaliber 7,7 mm und das Vickers-MG Mk IV und V, welche eine spezielle 12,7-mm-Patrone verschossen.
Beide wurden anfangs für alle Panzertypen gebaut, aber die Einführung des luftgekühlten Besa-Maschinengewehr für die Masse der größeren Panzer führte dazu, dass die meisten Vickers-Modelle nur in den leichten Panzern oder den Infanteriepanzern, wie dem Matilda-Panzer, verwendet wurden.

Die 12,7-mm-Maschinengewehre wurden auch in einer Reihe von Variationen für die Royal Navy als Vickers-Maschinengewehr Mk 3 gebaut, mit allen möglichen Lafetten zur Luftabwehr auf Schiffen oder Marinestützpunkten.
Die Einbauten in Schiffe beinhalteten Vierfach-Lafetten, aber die Patronen, welche dafür hergestellt wurden, waren kein Erfolg und stellten sich als zu kraftlos heraus. Trotzdem wurden die Waffen mangels Alternativen in einigen Stückzahlen gebaut und später durch 20-mm-Schnellfeuerkanonen und ähnliche Waffen ersetzt.


 

So war das Vickers-Maschinengewehr auch 1939 in einiger Zahl im Einsatz und bis 1940 waren sogar alle alten, eingelagerten Waffen wieder hervorgeholt worden, um das in Dünkirchen verlorene Material zu ersetzen, die Home Guard auszurüsten und mehr Luftabwehrwaffen zur Verteidigung der britischen Insel zur Verfügung zu haben.
Auch die Herstellung wurde wieder kräftig gesteigert und der Bedarf war so große, dass selbst Einbußen bei der Ausstattung der Waffen hingenommen wurden. Am auffälligsten war dabei der Austausch des gewellten Kühlmantels durch einen einfachen, glatten.
Später wurde noch eine neue Mündungsbremse entworfen und bis 1943 das neue Mark 8Z Schwanzgeschoss weitverbreitet verwendet, was eine effektive Schussentfernung von nicht weniger als 4.100 Metern erlaubte.

Erst am 24. April 1968 wurde es bei den britischen Streitkräften als für veraltet erklärt und die letzten verschwanden erst in den 1970er Jahren bei den Royal Marines. Damit hatte die Waffe alle anderen ihrer Zeitgenossen um eine erhebliche Zeitspanne überlebt. Bei den Armeen von Indien und Pakistan wird das Vickers-Maschinengewehr sogar immer noch verwendet.
Nach Meinung vieler Experten war das Vickers-MG eines der besten Maschinengewehre des Ersten Weltkriegs und ist selbst heute noch eine nützliche Waffe.

Benutzer: Großbritannien, Kanada, Indien, Australien, Neuseeland und weitere Länder der britischen Dominions, Italien, USA, Russland.

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Spezifikationen Vickers Mark I

Spezifikationen:

Vickers Mark ISpezifikation
Typschweres Maschinengewehr
Kaliber 7,7 mm
Länge 115,60 cm
Lauf 72,1 cm
Züge 4 rechtsläufig
Gewicht 18,4 kg mit Wasser (Dreibein 22,0 kg)
Magazin 250-Schuss-Stoffgurt
Funktion Rückstoß, Maxim-Kipphebelblock
Geschoßgeschwindigkeit774 m/s
Feuergeschwindigkeit 450-500 Schuss/min
Maximale Schussweite mit Mark 8Z Schwanzgeschoss (1943) bis zu 4.100 m
FunktionDauerfeuer

Einsatzstatistik:

Vickers Mark ISpezifikation
Hersteller Vickers Son&Maxim (Crayford, Kent), Royal Ordnance Factories
Produktionsbeginn 1912
Truppeneinführung26. November 1912
Gesamtproduktion?
Stückpreis ? (teuere Herstellung in Handarbeit)

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Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)
Illustriertes Lexikon der Waffen im 1. und 2. Weltkrieg (V. Dolinek, V. Francev, J. Sach)
The Illustrated Encyclopedia of Weapons of World War I (Chris Bishop)
An Illustrated History of the Weapons of World War One (Ian Westwell)


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