Vickers-MG im Einsatz


Das britische Vickers-Maschinengewehr im Einsatz im Ersten Weltkrieg.

Stellungen für britische Vickers-MGs
Spezielle Stellungen für britische Vickers-MGs irgendwo in Flandern.

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Vickers-MG im Einsatz


Als die ersten Vickers-Maschinengewehre 1907 eingeführt wurden, wussten nur wenige britische Armee-Offiziere genau, was es mit ihrer neuen Waffe auf sich hatte. Einige wenige schätzten die potenzielle Feuerkraft dieser Waffe, aber diese wurden als Exzentriker angesehen.

Ursprünglich wurden die Vickers-Maschinengewehre nur in einer Rate von zwei Stück an jedes Infanterie-Bataillon ausgegeben. Bei nur wenigen Kavallerie-Bataillonen gab es sie und noch weniger nahmen sie 1914 nach Frankreich hinüber mit.

Einmal dort angekommen, lernten sie jedoch schnell, dass das Maschinengewehr eine mächtige Waffe war und die ersten, die diese leidvolle Erfahrung machen mussten, waren die Kavalleristen. Ein einzelnes Maschinengewehr, irgendwo versteckt am fernen Horizont, konnte ein ganzes Kavallerie-Bataillon solange festnageln, wie es Munition hatte. Die Schlacht von Loos verstärkte die Lehrstunde für die Briten und sie sahen das Vickers-Maschinengewehr in einem anderen Licht.

Vickers-MG bei der Kavallerie
Dieser austarlische Soldaten demonstriert das Verpacken eines Vickers-MG auf einem Pferd oder Muli.

Das Vickers-Maschinengewehr wurde aus dem früheren Maxim-MG entwickelt. Die Firma Vickers baute das Maxim-Maschinengewehr in ihrer Fabrik in Crayford in Kent und obwohl sich das Maxim sehr gut an viele Kunden verkaufen ließ, dachten sich die Vickers-Konstrukteure, dass sie den Entwurf über das Grundkonzept hinaus weiter verbessern könnten, um eine leichtere und effizientere Waffe zu bauen.
Dies machten sie, indem sie den Kipphebelverschluss von Maxim überarbeiteten, sodass er sich nach oben hin statt nach unten öffnete.

Vickers Mk I Maschinengewehr
Vickers Mk I Maschinengewehr
Länger anhaltendes Feuern machte den Lauf sehr heiß und so wurde dieser durch Wasser gekühlt, welches sich in einem Metallmantel um den Lauf befand. Diese Ummantelung beinhaltete 3,98 Liter Wasser, welches nach drei Minuten kochte, wenn 200 Schuss je Minute abgefeuert wurden.
Zuerst unterstütze dieses Kochen den Kühlprozess, da winzige Luftblasen die Hitze vom Lauf abtransportierten, aber bald ließ die Hitze das Wasser verdampfen. Anfangs wurde dieser Dampf durch eine Öffnung auf der Ummantelung abgelassen, aber bald stellte sich heraus, dass dieser dabei die Position des MG-Schützen verriet und das feindliche Feuer auf sich zog. So wurde schnell eine einfache Lösung gefunden, den Dampf durch einen beweglichen Schlauch in einen Kanister mit Wasser abzuführen, wo er harmlos als Wasser zurückkondensieren und später wieder in den Kühlmantel eingefüllt werden konnte. Dies war vor allem in Gegenden wichtig, wo Wasser knapp war.

Trotz des Systems mit der Wasserkühlung musste der Lauf alle 10.000 Schuss ausgewechselt werden. Da es gut möglich war 10.000 Schuss in der Stunde abzugeben, wurde ein Drill eingeführt, bei dem der Lauf zu jeder vollen Stunde ausgewechselt wurde. Eine gut eingeübte Mannschaft konnte dies in zwei Minuten durchführen, ohne dabei das Kühlwasser zu verlieren, mit Ausnahme dessen, was sich im Lauf befand, wenn es von hinten hineingedrückt wurde.
Tatsächlich war es diese Tätigkeit, welche dazu führte, dass nur Spezialisten das Vickers-Maschinengewehr verwenden sollten. Zu Beginn wurden Männer von gewöhnlichen Bataillonen der Waffe zugeteilt, aber die Erfahrung, welche die Waffe benötigte, führte zur Bildung des Maschinengewehr-Korps. Die Maschinengewehr-Schützen mussten nämlich nicht nur praktische Erfahrung im Umgang mit der Waffe haben, sondern sie auch taktisch richtig einsetzten, was über einen längeren Zeitraum regelmäßig geübt werden musste.

Unteroffizier des Machine Gun Corps
Unteroffizier des Machine Gun Corps beim Einsatz des Vickers-MG. Er ist noch mit einem Revolver bewaffnet und führt das ‚Machine-gun-Proficiency‘-Abzeichen am Arm, welches nur an die besten MG-Schützen verliehen wurde.

Nach und nach wurden die schweren Maschinengewehre, über welche die Divisionen verfügten, an die Kompanien dieses neuen Korps aus Spezialisten übergeben. Ihre letztendliche Bedeutung erkennt man an dem Umstand, dass am Ende des Ersten Weltkriegs das Maschinengewehr-Korps aus 6.432 Offizieren und 124.920 Mannschaften bestand.

Diese Männer verbesserten nach und nach die Art und Weise, wie das Maschinengewehr im Gefecht eingesetzt wurde, indem sie Verfahren entwickelten, welche es nicht nur als isolierte Waffe zum Einsatz kommen ließ, sondern als Bestandteil eines sich gegenseitig unterstützenden Feuerplans. Unaufhörlich verbesserten sie diese Feuerpläne, sodass diese manchmal sogar denen der Artillerie ähnlich waren. Tatsächlich wurde bei entsprechenden Gelegenheiten Maschinengewehre genauso wie Artillerie benutzt, wenn es galt den Feind unter Druck zu setzen.


Jedoch fand man bald heraus, wenn den Maschinengewehren auch die Aufgabe übertragen wurde, längere Feuerunterstützung geben, dass dafür nicht nur gut ausgebildete Mannschaften, sondern auch ein perfekt organisiertes Nachschubsystem notwendig waren. Das Vickers-Maschinengewehr konnte nämlich Munition in einer ungeheuerlichen Menge verbrauchen, weshalb erhebliche Vorräte auf einer kurzen Nachschublinie vorhanden sein mussten. Der Haken dabei war der Transport, denn an der Westfront von 1914 bis 1918 gab es nur wenige Stellen, wo Nachschubfahrzeuge irgendwo nahe die eigenen Linien erreichen konnten, weshalb die Munition über eine erhebliche Entfernung nur durch Männer getragen werden konnte.

Wenn die Munition dann doch die Front erreicht hatte, konnte sie jedoch nicht einfach in die Maschinengewehre geladen werden, denn die Patronen wurden in Metallgehäusen angeliefert, in denen sich oft kleine Pappkartons mit jeweils 100 Schuss befanden. Diese waren für alle möglichen Waffen vorgesehen, darunter die Lee-Enfield Gewehre, die Lewis Gun und einige andere mehr, weshalb es nicht praktikabel war, die Patronen mit Munitionsgurten für das Vickers-Maschinengewehr auszuliefern. Deshalb mussten diese Gurte manuell von den Männern bestückt werden, was viel Zeit kostete, wenn auch später eine Lademaschine entworfen und ausgegeben wurde.

Deshalb war viel mehr nötig, um das Vickers-Maschinengewehr zum Einsatz zu bringen, als einfach den Auslöser durchzuziehen und den Gegner stürzen zu sehen. Mit der Zeit wurden die Mitglieder des Maschinengewehr-Korps genauso erfahren wie ihre Kollegen bei der deutschen Armee, wenn es um den Einsatz der Maschinengewehre ging und waren manchmal ein Stück mehr erfinderischer, wenn es um den taktischen Einsatz ihrer Waffen ging.

Vickers-MG Teams
Hier verwendet das Maschinengewehr-Korps neben einem Vickers-MG auch rechts ein erbeutetes deutsches Maschinengewehr 08.

Der bekannteste Einsatz an der Somme

Vickers-MG-Schützen in deutscher Stellung
Alliierte Vickers-MG-Schützen haben sich in einer aufgegebenen deutschen Stellung eingerichtet.
Ein Beispiel davon waren die zehn Vickers-Maschinengewehre der 100. Maschinengewehr-Kompanie, welche während der Kämpfe um die Sicherung des Hohen Waldes am 24. August 1916 während der Somme-Schlacht zum Einsatz kamen. Diese Schlacht war ein schmutziges Geschäft unter den schrecklichsten Bedingungen, bei denen die Briten die meiste Zeit über angriffen.
Nach einem Angriff in der Gegend vom Hohen Wald wurde erkannt, das ein Schanzwerk, welches als Savoy-Graben bekannt war, eine gute Feuerstellung abgeben würde, da von dort aus die deutsche Frontlinie über eine Länge von 1.830 Metern überblickt werden konnte.
So wurde beschlossen, dass der nächste Überfall auf die deutschen Schützengräben durch die Maschinengewehre der 100. Kompanie von dort aus unterstützt werden sollte. Wenn dieser Angriff erfolgreich durchgeführt war, sollte der unvermeidliche deutsche Gegenangriff durch ein Maschinengewehrfeuer für die Dauer von 12 Stunden auf das Gelände hinter den Frontgräben aufgehalten werden.

Dieser anspruchsvolle Feuerplan verlangte umfangreiche Vorbereitungen. In der Nacht vor dem Angriff wurden zwei Infanterie-Kompanien benötigt, um die Munition und das Kühlwasser für die Maschinengewehre nach vorne zu bringen. Die MGs wurden sorgfältig aufgestellt, unter Tarnnetzen verborgen und für die kommende Schlacht vorbereitet.

Als der Infanterieangriff begann, hielten die Vickers-Maschinengewehre für die nächsten zwölf Stunden das Feuer aufrecht. In Abständen wurden die MG-Schützen abgelöst, zusammen mit den für die Munitionszufuhr verantwortlichen Männern. Diese mussten auch dafür sorgen, dass die Maschinengewehre sich nicht beim Feuern von der Stelle weg bewegten und dadurch Schmutz aufnahmen.
Der Schütze hatte nicht mehr zu tun, als mit dem Finger zwischen den beiden Griffen den Auslöser durchzuziehen. Er spürte nicht viel von dem Rückstoß beim Feuern, da das meiste davon von dem schweren Dreibein aufgefangen wurde. Von Zeit zu Zeit gab er der Seite der Waffe einen scharfen Stoß, um den Lauf in Richtung einer größeren Fläche zu bewegen und einen Moment später einen weiteren Stoß, um den Lauf wieder ein Stück zu bewegen.

Vickers MG Gasangriff
Vickers-MG im Einsatz nach einem Gasangriff.

Wenn nötig wurde das Wasser in den Kühlmänteln wieder durch die Vorräte aufgefüllt, welche in der vorausgegangenen Nacht angelegt worden waren. Die heißen Läufe wurden jede Stunde ausgewechselt. Während dieses zwölfstündigen Zeitraums war eine Gruppe der Männer damit beschäftigt, Munition aus dem letzte Nacht gebauten Vorratslager heranzuschaffen, während zwei Mann andauernd an einer Munitionslademaschine für die MG-Gurte arbeiteten. Von der Lademaschine schleppte eine andere Gruppe die bestückten Patronengurte zu den Waffen.

Bis zum Ende des Einsatzes hatten die zehn Vickers-Maschinengewehre nahezu eine Million Patronen verschossen. Lediglich 250 Patronen fehlten, um die Million vollzumachen. Eines der Maschinengewehre verschoss alleine durchschnittlich 10.000 Schuss pro Stunde.
Während der zwölf Stunden gab es nur bei zwei Maschinengewehren Probleme. Bei einem brach die Auswurfklinke und bei dem anderen stimmte irgend etwas nicht mit dem Verschlussmechanismus, wodurch willkürliche Verklemmungen bei der Munitionszufuhr auftraten.
Das gesamte vorrätige Wasser war verbraucht worden und die Maschinengewehre konnten nur noch weiterschieben, weil die Wasserflaschen und sonstigen Trinkvorräte der Kompanie verwendet wurden.


Aber schließlich ist der Plan aufgegangen. Die deutschen Frontgräben wurden genommen und der erwartete Gegenangriff fand nicht statt. Dies aus dem einfachen Grund, dass die deutschen Truppen das Gelände aufgrund des ständigen Feuers der zehn Vickers-Maschinengewehre der 100. Maschinengewehr-Kompanie nicht überqueren konnten.

Jedoch war das schwere Maschinengewehr eine hauptsächlich defensive Waffe und in der Schlacht an der Somme war die Deutschen die Verteidiger. Selbst wenn das schwere Vickers-Maschinengewehr beim Angriff nach vorne gebracht werden konnte, so mussten doch auch die enormen Mengen der benötigten Munition herangebracht werden, welches es im Gefecht verbrauchte.
Die deutschen Maschinengewehre befanden sich dagegen alle in ausgebauten Stellungen mit großen Munitionsvorräten, während die Briten zumeist nur das leichte Lewis-MG mit einiger Munition über das Niemandsland heranbringen konnten.

Vickers-Maschinengewehr versteckt in Bauernhof
Ein britisches Vickers-Maschinengewehr ist in dieser Zeit der relativ flüssigen Kriegsführung in einem Bauernhof versteckt.

Dazu feuerte das Maschinengewehr nicht nur viel schneller als Gewehre, sondern konnte auch viel leichter kontrolliert und dirigiert werden. Im Gefecht ist es schwer für Offiziere und Unteroffiziere das Feuer ihre Schützen zu leiten; viel einfacher ist es, dies für ein einzelnes Maschinengewehr zu tun, was dabei die gleiche Feuerkraft entwickelt.

Für die britischen Verluste von 57.470 Mann, darunter 19.240 Gefallene, am ersten Tag der Somme-Schlacht am 1. Juli 1916 waren hauptsächlich nur rund 100 deutsche Maschinengewehre verantwortlich.
An der Somme zeigte sich nicht nur die Kampfkraft des Maschinengewehrs, sondern es entstanden auch die ersten taktischen und technischen Gegenmaßnahmen, um ihre Dominanz zu brechen.

Neben mehr flexiblen und kleineren Infanterie-Formationen entstanden auch die Anforderungen für die ersten Tanks (Panzer), die ihrerseits mit MGs und Kanonen die feindlichen Maschinengewehre niederkämpfen sollten.
Auch entwickelte sich die Feuerwalze mit immer weiter nach vorne verlegtes Artilleriefeuer, um die feindlichen MG-Schützen während des Infanterieangriffs niederzuhalten, wozu noch später Gasangriffe und Nachtangriffe hinzukamen.
Aber auch die Schützen der Vickers-MGs entwickelten Feuertaktiken, um über die Köpfe der eigenen, angreifenden Infanterie hinweg den Gegner auf große Entfernung beschießen zu können.

Vickers-MG in der Luftabwehr
Ein Vickers-MG der australischen Expeditionstruppen beschießt Tiefflieger. Eine ihrer Mannschaften beanspruchte auch den Abschuss des ‚Roten Barons‘ Manfred von Richthofen.

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Quellenangaben und Literatur

Illustrierte Geschichte des Ersten Weltkriegs (Christian Zentner)
History of World War I (AJP Taylos, S.L. Mayer)
The Illustrated Encyclopedia of Weapons of World War I (Chris Bishop)


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