Die erste große Auseinandersetzung des amerikanischen Bürgerkrieges war die Schlacht von Bull Run‘ am 21. Juli 1861, welche bei den Konföderierten als Manassas bezeichnet wurde.
Am 29. und 30. August 1863 fand eine weitere Schlacht zwischen den Konföderierten unter Robert E. Lee und der Nordstaaten-Armee von Virginia unter Pope in der gleichen Gegend statt, welche als ‚Zweite Schlacht von Bull Run (Manassas)‘ bezeichnet wurde und diejenige von 1861 folglich seitdem als die ‚Erste Schlacht von Bull Run (Manassas)‘ galt.
Der Anakonda-Plan
Der Beginn eines offenen Konflikts zwischen den Süd- und Nordstaaten nach dem Fall von Fort Sumter machte Lincoln zu einem Kriegspräsidenten. Er war ein Mann ohne eigene militärische Erfahrung, abgesehen von einem kurzen Einsatz als Freiwilliger während des Black-Hawk-Krieges von 1832, wobei er nach eigener Aussage nur Moskitos als Feinde gesehen hatte.
Der Mann, den er im Frühjahr 1861 um militärischen Rat bat, war der alternde Veteran des Mexikanischen Krieges und des Krieges von 1812, Major General Winfield Scott. Anfänglich schlug Scott vor, die Südstaaten in Frieden gehen zu lassen, und schlug sogar die Möglichkeit vor, das Land in vier oder fünf einzelne Nationen aufzuteilen. Aber als er erkannte, dass dies für Lincoln völlig inakzeptabel war, beschränkte sich Scott auf spezifisch militärische Ratschläge. Der Plan, den er dem Präsidenten vorschlug, bestand aus drei verschiedenen Elementen, die alle nicht so sehr einen militärischen Sieg als vielmehr eine Versöhnung zum Ziel hatten. Die Anlage war eher passiv und zurückhaltend und bestanden aus einer Feldarmee zur Sicherung der Hauptstadt Washington, einer Seeblockade des Südens und als einziges offensives Element eine gemeinsame Operation der Armee und des Heeres, um den Mississippi unter Kontrolle zu bringen, welcher die Konföderation zertrennen würde.
Amateurstrategen, vor allem Zeitungsredakteure beurteilten Scotts Pläne jedoch als zu passiv. Sie nannten ihn den ‚Anakonda-Plan‘ und verglichen ihn mit dem südamerikanischen Reptil, das seine Beute mit sich langsam zusammenziehenden Schlingen erwürgt. Viel besser wäre es doch, die Autorität der Bundesregierung sofort durch einen schnellen Vormarsch auf Richmond unter Beweis zu stellen.
Die strategische Lage zwischen Washington und Richmond
Für das Oberkommando im Felde drängte Scott daher auf die Ernennung von Major Irvin McDowell. Zwar hatte McDowell nie etwas Größeres als ein Regiment befehligt, aber das hatten sowieso nur wenige Amerikaner.
So wurde McDowell zum Generalmajor befördert und mit der Aufgabe betraut, aus der bunten Ansammlung von Miliz-Regimentern, die nach Washington strömten, eine Armee zu machen.
Gleichzeitig geriet er unter großen öffentlichen und politischen Druck, um eine sofortige Offensive zur Niederschlagung der Rebellion zu starten. Horace Greeleys New York Tribune drängte täglich darauf, dass die Armee ‚vorwärts nach Richmond‘ marschieren sollte.
McDowell protestierte bei Lincoln, dass seine Truppen noch viel zu grün seien, um eine Offensive zu unternehmen, aber der Präsident antwortete: ‚Sie sind grün, das stimmt, aber die anderen sind auch grün – sie sind alle gleich grün.‘
Eine zweite Unionsarmee unter Generalmajor Robert Patterson (3) deckte Harpers Ferry mit 18.000 Mann im nördlichen Shenandoahtal weiter westlich. Davon weiter südlich stand ebenfalls eine konföderierte Armee unter dem Kommando von General Joseph E. Johnston mit 12.000 Mann (4).
Jede Unionsarmee war dem konföderierten Feind zahlenmäßig überlegen, obwohl unvollständige Aufklärungs- und Geheimdienstberichte diesen Umstand vor den Kommandeuren verschleierten. Aber der Schlüssel zum Erfolg für beide Seiten würde ihre jeweilige Fähigkeit sein, das vorhandene Eisenbahnnetz richtig auszunutzen.
McDowells Truppen waren mit denen von Patterson über die Baltimore and Ohio Railroad (6) verbunden, während Johnston und Beauregard sich gegenseitig über die Manassas Gap Railroad (7) verstärken konnten. Wenn eine Seite ihre beiden Armeen gegen eine der anderen konzentrieren konnte, war die für den Sieg nötige Überlegenheit hergestellt.
McDowells ursprünglicher Plan war es, Beauregard von Manassas Junction weg zu manövrieren, indem er sich um seine rechte Flanke herum bewegte und sich zwischen Manassas und Richmond positionierte (8). Gezwungen, entweder Richmond oder Manassas zu verteidigen, würde sich Beauregard vermutlich für die konföderierte Hauptstadt entscheiden und damit die Eisenbahnverbindung zu Johnstons Armee aufgeben müssen. Dies würde McDowell erlauben, ihn auf offenem Feld mit einer überlegenen Zahl von Soldaten anzugreifen.
Aber die öffentliche Stimmung wollte nicht so recht auf die Entwicklung eines solchen detaillierten Plans warten. Stattdessen wurde McDowell von Scott gedrängt, direkt gegen Beauregard bei Manassas vorzurücken. Patterson sollte die Aufgabe erhalten, Johnstons Armee im Shenandoahtal zu binden.
McDowells Truppe brachen am Dienstagmorgen, dem 16. Juli, von Fairfax aus auf. Noch am selben Tag rückte Patterson vorsichtig durch das Shenandoahtal nach Süden in Richtung Winchester vor. Aber da er fehlgeleitet annahm, dass Johnstons Truppen seinen eigenen zahlenmäßig überlegen waren, zog sich Patterson bald nach Harpers Ferry zurück, wo er Verstärkung anforderte.
Während McDowell also langsam auf die Auseinandersetzung mit Beauregard zusteuerte, hatte Patterson bei seiner Aufgabe, Johnston im Tal zu binden, völlig versagt.
Erste Schlacht von Bull Run
Sowohl McDowell als auch Beauregard schmiedeten nun Pläne für eine Offensive. McDowell sandte Späher aus, um einen Weg zu finden, die Position der Konföderierten zu umgehen, und Beauregard telegrafierte General Joseph E. Johnston im Shenandoahtal, mit Verstärkung zu ihm zu kommen.
Die ersten Teile von Johnstons Armee kamen bereits am Nachmittag des 19. mit der Eisenbahn in Manassas Junction an und Johnston selbst traf am nächsten Tag ein. Obwohl Johnston der ranghöhere General war, erlaubte er es Beauregard, das Kommando über das Schlachtfeld zu behalten und seine Pläne für eine Offensive fortzusetzen.
In dieser Nacht des 20. Juli 1861 lud McDowell seine Brigade- und Divisionskommandeure in sein Zelt ein, um seine Pläne für die Schlacht am nächsten Tag zu besprechen. Viele seiner Offiziere argumentierten, dass eine Auseinandersetzung verschoben oder ganz aufgegeben werden sollte, weil sie den ganzen Tag über die Geräusche von Zügen gehört hatten, die ein paar Meilen östlich in Manassas Junction ankamen und wieder abfuhren. Sicherlich brachten die Konföderierten Teile von Johnstons Armee aus dem Tal heran !
Aber McDowell war zum Angriff entschlossen, denn er wusste, wenn er jetzt nicht angriff, dass die in Kürze auslaufenden Dienstpflichtzeit für den Großteil seiner Freiwilligen-Truppen einen erneuten Versuch für zumindest sechs Monate, wenn nicht sogar wesentlich länger aufgrund des Winters, unmöglich machen würde.
In der Zwischenzeit begann ein gewaltiges Flankenmanöver aus den Kolonnen von zwei vollen Divisionen mit ihren Brigadegenerälen David Hunter und Samuel Heintzelman und etwa 13.000 Mann, welche die linke Flanke der Konföderierten angreifen sollten. Sie fanden jedoch die schmale Straße durch gefällte Bäume blockiert vor und außerdem leitete der Führer die Kolonne über die längere von zwei möglichen Routen um, da er annahm, dass der Feind den Anmarsch über die kürzere Straße entdecken würde.
In der Zwischenzeit wurde der konföderierte Brigadegeneral Nathan G. ‚Shanks‘ Evans, der mit der Verteidigung der Steinbrücke beauftragt war, durch ein Signal mit einer Halbton-Flagge gewarnt, dass seine Flanke von der Kolonne der Union, die von Sudley Springs aus nach Süden vorstieß, umgangen werden sollte.
Evans richtete seine Front nun um neunzig Grad nach Norden aus, und kurz nach 10:00 Uhr, als die Unions-Soldaten aus dem dichten Wald ins Freie traten, wurden sie von Evans‘ Männern auf der Anhöhe, die als Matthews Hill bekannt war, unter schweres Feuer genommen.
Die Brigaden von Barnard Bee und Francis S. Bartow kamen zur Unterstützung von Evans und die Konföderierten errichteten eine stabile Feuerlinie über den Kamm des Matthews Hill. Sowohl Unions-Brigadegeneral Hunter als auch Oberst Henry W. Slocum schieden verwundet aus dem Gefecht aus. Damit kam die Flankenbewegung zum Stillstand.
Um 11:15 Uhr wurde Johnston durch die Geräusche des immer heftiger werdenden Feuers im Norden davon überzeugt, dass die entscheidende Auseinandersetzung dort stattfand, und er und Beauregard verließen Blackburns Furt und ritten nach Norden.
Die beiden Generäle kamen rechtzeitig an, um die sich zurückziehenden konföderierten Einheiten in eine Linie in Stellung zu bringen, welche sich über die Spitze des Henry House Hill zog. Dieser Hügel war das beherrschende geografische Merkmal des Schlachtfeldes.
Trotzdem war die Situation für die Konföderierten verzweifelt, denn wenn sie von dieser Anhöhe vertrieben wurden, gab es hinter ihnen kein brauchbares Gelände, um weiteren Widerstand zu leisten. Außerdem schienen die Unionstruppen den nötigen Schwung zu haben, um die dünne Linie der Konföderierten zu überrennen.
Die Entscheidung in dieser Schlacht sollte also auf dieser Anhöhe stattfinden.
Hier zu Teil II: Entscheidung auf dem Henry House Hill.
Quellenangaben und Literatur
Der US-Bürgerkrieg 1861-1865, Soldaten, Waffen, Ausrüstung (Jan Boger)
Arms & Equipment of the Civil War (Jack Coggins)
A Battlefield Atlas of the Civil War (Craig L. Symonds)
Unit Organizations of the American Civil War (Richard J. Zimmermann)
Army of the Potomac (Philip R. N. Katcher)
The Army of Northern Virginia ((Philip R. N. Katcher)
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