Nakajima Kikka, Mitsubishi J8M1 Shusui und Kyushu J7W1 Shinden.
Geschichte, Entwicklung, Einsatz, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3d-Modelle japanischer Jets.
Im letzten Jahr des Zweiten Weltkrieges arbeitete die japanische Luftfahrtindustrie an verschiedenen Typen von fortschrittlichen Düsen-, Raketen- und Druckschrauben-Flugzeugen, welche als Vorläufer für einen Abfangjäger mit Strahltriebwerk galten.
Japanische Jets
Aber ein abschließendes Urteil für die japanischen Flugzeugkonstruktionen in der letzten Phase des Pazifik-Krieges fällte das japanische Jagdflieger-Ass Saburo Sakai:
‚Das vom japanischen Oberkommando erarbeitete Verteidigungskonzept kam zu spät und war dazu noch unzureichend. Die Mehrzahl der japanischen Jagdflugzeuge war immer noch die Mitsubishi A6M Zero, die zwar für die offensive Taktik bei Kriegsbeginn völlig ausreichend war, gegen die B-29 Superfortress aber praktisch wertlos war.
Gleichzeitig flogen die meisten der japanischen Kampfflieger immer noch die zwischenzeitlich veraltete und langsame Mitsubishi G4M Betty, welche dazu noch die unglückliche Angewohnheit hatte, unter feindlichem Feuer in Flammen aufzugehen.
Der Verluste von Saipan, Guam und Tinian gab zwar den Ansporn, die Spinnweben der japanischen Planung wegzufegen und das Oberkommando forderte neue Jagdflugzeuge, welche eigens dafür entwickelt wurden, um die Unzulänglichkeiten der ‚Zeros‘ wettzumachen. Aber die Produktion der neuen Jäger war nur ein Tropfen auf den heißen Stein und so blieb die alte ‚Zero‘ bis zum letzten Kriegstag und trotz aller Forderungen des Oberkommandos die Hauptmacht der japanischen Jagdwaffe.‘
Nakajima Kikka
Typ: Jagdbomber, Angriffsbomber und Kamikaze-Flugzeug mit Strahltriebwerken.
Die japanische Flugzeugindustrie wurde im letzten Kriegsjahr stark von ihrem deutschen Pendant beeinflusst. Die J8M von Mitsubishi war eine japanische Kopie der Me 163 Komet und die Nakajima Kikka ähnelte der Me 262 der Luftwaffe, obwohl sie ein rein japanischer Entwurf war.
Der japanische Jagdbomber war jedoch bei weitem nicht so erfolgreich wie der deutsche Entwurf. Als einziges Düsenflugzeug, das im Laufe des Zweiten Weltkriegs in Japan flog, hob er nur zweimal ab, bevor der Krieg zu Ende ging. Dazu erfolgte der zweite Start mit katastrophalen Folgen für den Prototyp.
Japans Strategen waren von den deutschen Jets äußerst beeindruckt. Sowohl die raketengetriebene Messerschmitt Me 163A, als auch das Strahltriebwerk-Flugzeug Me 262A wurden von der deutschen Luftwaffe im letzten Kriegsjahr in großem Umfang eingesetzt, wobei letzteres im Herbst 1944 erstmals zum Einsatz kam.
Ermutigt durch enthusiastische Berichte über die deutsche Messerschmitt Me 262 vom japanischen Luftattaché in Berlin, wies der japanische Marinestab die Firma Nakajima an, einen einsitzigen Angriffs- oder Jagdbomber auf der Grundlage der Me 262 zu entwickeln.
Im September 1944 erfolgte der Auftrag der japanischen Marine an die Firma Nakajima mit der Konstruktion einer einsitzigen Maschine mit Zwillings-Strahltriebwerken ähnlich der Me 262. Die Spezifikation sah eine Höchstgeschwindigkeit von 695 km/h vor, eine Landegeschwindigkeit von unter 150 km/h und eine Reichweite von 275 Kilometern bei einer Nutzlast von 250 kg. Dazu kamen klappbare Tragflächen, damit das Flugzeug in Höhlen und Tunneln zur Deckung und Tarnung untergebracht werden konnte. Die Startstrecke von 350 Metern sollte mithilfe von zwei Startraketen, welche einen Schub von 450 kg liefern sollten, erreicht werden.
Die von Kazuo Ohno und Kenichi Matsumura entworfene Kikka (‚Orangenblüte‘) war der Me 262A sehr ähnlich, wenn auch etwas kleiner. Die Triebwerke waren unter den Flügeln angebracht, was die Wartung vereinfachte. Das erste verwendete Triebwerk war der Typ Ne-12 mit einem Schub von 340 kg. Dieses wurde später durch das Ne-20 ersetzt, das einen Schub von 475 kg aufwies und dem deutschen Strahltriebwerk BMW-003 nachempfunden war.
Der Prototyp war Anfang August fertig und absolvierte seinen Erstflug am 7. August 1945, einen Monat nach dem Unfall des Raketenjägers Mitsubishi J8M1.
Kapitän Susumu Tanaoka war am Steuer der Kikka, als sie vom Marinefliegerhorst Kisarazu abhob. Vier Tage später wurde das Flugzeug während des Starts durch eine Panne beschädigt, die auf eine fehlerhafte Installation der beiden Hilfsraketen zurückzuführen war.
Das Testprogramm wurde unterbrochen, bis der zweite Prototyp fertig war. Zwischenzeitlich hatte sich die japanische Führung allerdings schon zur Beendigung des Krieges entschlossen und so wurde die Arbeit am 15. August endgültig eingestellt.
Der zweite Prototyp war zu diesem Zeitpunkt fast flugbereit und 18 Flugzeuge der Vorserie befanden sich in verschiedenen Bauphasen.
Nach dem Krieg entdeckten die Alliierten, dass sich verschiedene fortgeschrittenere Versionen der Kikka ebenfalls in der Entwicklung befanden. Dazu gehörte ein unbewaffneter, zweisitziger Trainer, ein Aufklärungsflugzeug und ein einsitziger Abfangjäger.
Die für den Abfangjäger geplante Bewaffnung bestand aus zwei 30-mm-Kanonen und die Triebwerke sollten Ne-130 mit 900 kg Schub oder Ne-330 mit 885 kg Schub sein. Beide Triebwerke befanden sich aber noch im Entwurfsstadium.
Benutzer: Japan (geplant für Kaiserliche Marine).
Mitsubishi J8M Shusui
Typ: Abfangjäger mit Raketenantrieb.
Das Mitsubishi J8M Shusui (‚Schwingendes Schwert‘) war die japanische Kopie der deutschen Messerschmitt Me 163B. Doch im Gegensatz zu seinem deutschen Pendant kam dieses raketengetriebene Flugzeug nie zum Kampfeinsatz.
Mitsubishi baute in den letzten Monaten des Krieges sieben Prototypen, aber nur einer hob ab, allerdings mit katastrophalen Folgen. Ein plötzlicher Triebwerksausfall kurz nach dem Start führte zu einem Absturz und zum Tod des Piloten Toyohiko Inuzuka. Die Ursache des Versagens, ein Defekt im Treibstoffsystem, wurde entdeckt, und die anderen sechs Prototypen wurden unmittelbar bei Kriegsende modifiziert.
Zwischen 1943 und 1944 erwarb Japan die Lizenzrechte an der Messerschmitt Me 163A Komet, die damals in Deutschland erprobt wurde, sowie an dem Raketentriebwerk Walter HWK 509. Es war beabsichtigt, Komet-Kopien zu bauen und sie als Abfangjäger einzusetzen, aber das Projekt war von Pleiten, Pannen und Pech verfolgt. Zuerst wurde das U-Boot, das eine zerlegte Me 163A mit sich führte, von den Alliierten versenkt, sodass die Japaner nur einen Raketenmotor und das Bedienungshandbuch des Flugzeuges zur Verfügung hatten.
Dennoch erhielt Mitsubishi den Auftrag, im Sommer 1944 mit der Arbeit an einer Version der Me 163A zu beginnen, wobei Techniker der Marine und des Heeres an dem Raketentriebwerk mitarbeiteten. Das J8M-Programm sollte in Flugzeuge sowohl für das Heer als auch für die Marine resultieren.
Zwei Arbeitsbereiche wurden parallel eingerichtet. Die Entwicklung einer vollständig neuen, japanischen Flugzeugzelle wurde fortgesetzt, während eine Version ohne Antrieb getestet wurde. Der erste Prototyp des Segelflugzeugs war Ende 1944 fertig. Diese Versuchsversion, die MXY8, war erfolgreich und Heer und Marine bestellten zwei verschiedene Varianten, mit denen zukünftige Piloten des Raketenabfangjägers ausgebildet werden sollten. Die Firmen Maeda Koku Kenkyujo und Yokoi Koku erhielten Produktionsaufträge und es wurden insgesamt etwa 50 Trainings-Gleiter gebaut.
Der erste und letzte Flug des Prototyps fand am 7. Juli 1945 in Yokosuka statt.
Die Marine hoffte, zwei Versionen bauen zu können: die J8M1 mit zwei 30-mm-Kanonen und die J8M2 mit einer einzigen Kanone und dafür größeren Treibstofftanks.
Benutzer: Japan (geplant für Kaiserliche Marine und Armee).
Ein weiteres japanisches Raketenflugzeug, welches sogar zu Einsätzen kam, war die Yokosuka MXY7 Ohka für Kamikaze-Angriffe.
Animation 3d-Modell Mitsubishi J8M Shusui
Kyushu J7W1 Shinden
Typ: Abfangjäger mit Druckschraube.
Durch den Kriegsverlauf wurde in Japan die Notwendigkeit nach einem Hochleistungs-Abfangjäger zum Abfangen der amerikanischen B-29 Superfortress so groß, dass einige sehr ungewöhnliche Flugzeuge getestet wurden. Herausragend dabei ist die Kyushu J7W1 Shinden (‚Herrlicher Blitz‘).
Es war das einzige Flugzeug des 2. Weltkrieges mit Druckschraube und mit horizontalen Steuerflügeln vorne am Rumpf, welches für die Massenproduktion bestellt wurde. Der ungünstige Verlauf des Krieges verzögerte aber die Entwicklung der einzigartigen Shinden und nur zwei Prototypen wurden fertig, von denen der erste am 3. August 1945 seinen Erstflug hatte, nur zwölf Tage vor der japanischen Kapitulation.
Hauptmann Masaoki Tsuruno, ein Marinetechniker, hatte als erster 1943 die Idee, ein Jagdflugzeug mit Druckantrieb zu entwickeln, allerdings unter Verwendung eines Strahltriebwerks. Er begann alleine die Arbeit an seinem Entwurf, jedoch wurden die Behörden von Dai Ichi Kaigun Koku Gijiitsusho (Erstes technisches Marineluftwaffen-Arsenal) auf das Projekt aufmerksam.
Zuerst begann die Entwicklung eines Segelflugzeuges, um die Anwendbarkeit eines Druckschrauben-Antriebes als Vorläufer für das Strahltriebwerk auf ein Hochleistungsflugzeug zu testen. Drei Prototypen unter den Namen MXY6 wurden im Herbst 1943 gebaut und getestet. Eines dieser Flugzeuge wurde für Tests mit einem 22-PS-Motor ausgerüstet. Das Ergebnis war vielversprechend, und Anfang 1944 beauftragte die japanische Marine Kyushu Hikoki mit der Arbeit an einem Abfangjäger auf der Grundlage der Testergebnisse zu beginnen.
Die Männer bei Kyushu wurden durch ein Team der Marine unter der Leitung von Hauptmann Tsuruno ergänzt.
Sie benötigten nur 10 Monate, von Juni 1943 bis April 1944, um die erste J7W1 zu bauen. Das Flugzeug hatte die gleiche Auslegung wie die Segelflugzeuge, mit einem modernen Fahrwerk und Motoraufhängung. Das dreirädrige Fahrwerk war völlig einziehbar.
Der Motor, ein 2.130 PS starker Mitsubishi MK9D Doppelsternmotor, war vollständig in der Mitte des Flugzeugrumpfes eingebaut und trieb einen sechs-blättrigen Propeller über eine lange Kardanwelle an. Lufteinlässe für die Kühlung waren an der Seite des Rumpfes und der Pilot saß direkt vor dem Motor.
Die Bewaffnung bestand aus vier 30-mm-Kanonen vorne im Bug.
Die Marine vergab Aufträge für die Massenproduktion, noch bevor die J7W1 den Erstflug hatte. Nakajima und Kyushu wurden beauftragt, Fertigungslinien für 150 Abfangjäger je Monat einzurichten.
Aber das Projekt kam nicht mehr voran und am Ende konnte nur einer der beiden Prototypen für insgesamt 45 Minuten geflogen werden.
Benutzer: Japan (Kaiserliche Marine, vorgesehen).
Animation 3d-Modell J7W1 Shinden
Spezifikationen japanische Jets
Spezifikationen Nakajima Kikka, Mitsubishi J8M1 Shusui und J7W1 Shinden:
Spezifikationen | Nakajima Kikka | Mitsubishi J8M1 Shusui | J7W1 Shinden |
---|---|---|---|
Typ | Angriffsbomber, Jagdbomber und Kamikaze | Abfangjäger mit Raketenantrieb | Abfangjäger mit Druckschrauben-Antrieb |
Antrieb | 2 x Ne-20-Turbostrahl-treibwerke mit je 475 kg Schub | Toko Ro.2 mit 1.500 kg Schub | 1 x 2.130-PS Mitsubishi MK9D 18-Zylinder-Doppelstern-motor, luftgekühlt |
Besatzung | 1 | 1 | 1 |
Spannweite | 10,00 m | 9,50 m | 11,11 m |
Länge über alles | 8,125 m | 6,05 m | 9,66 m |
Höhe über alles | 2,95 m | 2,70 m | 3,92 m |
Leergewicht | 2.300 kg | ? | ? |
Startgewicht | 4.080 kg | 3.885 kg | 4.928 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 697 km/h (auf 10.000 m) | 900 km/h (auf 10.000 m) | 750 km/h (auf 8.700 m) |
Steigleistung | 26 min. auf 10.000 m | ? | ? |
Dienstgipfelhöhe | 12.000 m | 12.000 m | 12.000 m |
Reichweite | 940 km | 5 min 30 sec | 850 km |
Bewaffnung:
Spezifikation | Nakajima Kikka | Mitsubishi J8M1 Shusui | J7W1 Shinden |
---|---|---|---|
nach vorn | - (als Jäger 2 x 30-mm-MK Typ 5) | 2 x 30-mm-MK | 4 x 20-mm-MK |
Zuladung | eine 500-kg oder 800-kg-Bombe | - | 160 kg Bomben |
Einsatzstatistik:
Angaben | Nakajima Kikka | Mitsubishi J8M1 Shusui | J7W1 Shinden |
---|---|---|---|
Erstflug | 7. August 1945 | 7. Juli 1945 | 3. August 1945 |
Stückzahl | 2 Prototypen (nur einer geflogen), 18 Vor-Serienmaschinen im Bau | 50 Trainings-Gleiter, 7 Prototypen (nur 1 Flug) | insgesamt 2 |
Quellenangaben und Literatur
The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
Technik und Einsatz der Kampfflugzeuge vom 1. Weltkrieg bis heute (Ian Parsons)
Das große Buch der Luftkämpfe (Ian Parsons)
Luftkrieg (Piekalkiewicz)
World Aircraft World War II (Enzo Angelucci, Paolo Matricardi)
Düsen-Kampfflugzeuge (David A. Anderton, John Batchelor)
Technik und Einsatz der Kampfflugzeuge vom 1. Weltkrieg bis heute (Ian Parsons)
Flugzeuge des 2. Weltkrieges (Andrew Kershaw)
Tolle Info,
sehr aufschlussreich und die „dt. Beteiligung“ ist sehr sichtbar.
Danke für diese Information!