Bazooka


60-mm-Raketenwerfer Bazooka und M9-Panzerabwehr-Gewehrgranate.
Geschichte, Entwicklung, Spezifikationen, Statistiken, Bilder und 3d-Modell der leichten amerikanischen Panzerabwehr-Waffen.

US-Gebirgsjäger mit Bazooka
Amerikanische Gebirgsjäger im Einsatz mit einer Bazooka.

Leichte Panzerabwehrwaffen der US-Infanterie im Zweiten Weltkrieg.

60-mm-Raketenwerfer Bazooka


60-mm-Raketenwerfer Bazooka
Typ: Raketenwerfer zur Panzerabwehr.

Bereits 1918 entwickelte der amerikanische Wissenschaftler und Experimentierer Goddard einen kleinen Raketenwerfer, aus dem eine kleines Projektil abgefeuert werden konnte. Die Idee wurde der amerikanischen und britischen Regierung angeboten, aber da das Ende des Ersten Weltkriegs zu selben Zeit erfolgte, war das Interesse gering. Dazu kam, dass ein Granatwerfer eine größere Sprengladung mit weniger Treibmitteln verfeuern konnte und als billige Waffe zahlreich verfügbar war, welche dazu noch indirekt schießen konnte, sodass der Benutzer keinen direkten Sichtkontakt zum Ziel benötigte, um es zu treffen.

Diese Einschätzung blieb bis 1941 bestehen, als die Idee neu überdacht wurde. In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen hatten sich nämlich zwei neue Umstände ergeben: das Auftreten zahlreicher Panzer und der Hohlladungs-Sprengkopf. Im Gegensatz zu den europäischen Armeen, hatte die US Army niemals eine Panzerbüchse oder andere leichte Panzerabwehrwaffen für die Infanterie eingeführt und die Perfektionierung der Hohlladungsgranate versprach eine wesentlich bessere Methode, Panzer mit Hochgeschwindigkeits-Raketen auszuschalten.

Die grundsätzliche amerikanische Raketenentwicklung fand seit 1933 auf dem Aberdeen-Testgelände in Maryland statt. Die aktive Truppenverwendung der neuen Waffe begann ernsthaft Anfang 1942 und die ersten Exemplare gingen mit den amerikanischen Truppen bei den Landungen in Nordwestafrika im Rahmen des Unternehmen Torch im November in den Einsatz. Allerdings erfolgte der erstmalige Kampfeinsatz gegen Panzer der Achsenstreitkräfte erst im nachfolgenden Jahr.

Die offizielle Bezeichnung der neuen Waffe lautete 2,36-inch Rocket Lauchner M1 (60-mm-Raketenwerfer M1). Zu dieser Zeit war Bob Burns einer der bekanntesten amerikanischen Komödianten und eines seiner Requisiten war ein komplexes und fürchterlich aussehendes Blasinstrument eigener Konstruktion, welches er seine ‚Bazooka‘ nannte. Die Ähnlichkeit zwischen diesem und dem langen Rohr des 80-mm-Raketenwerfer M1 erregte die Fantasie einiger GIs und seitdem wurden in Amerika alle über die Schulter abgefeuerten Raketenwerfer als ‚Bazookas‘ bezeichnet.

Die Bazooka war eine sehr einfache Waffe, nicht mehr als ein Stahlrohr, welches an beiden Enden offen war, durch welches die Rakete abgefeuert wurde. Eine Schulterstütze oder Holzschaft war zusammen mit zwei Griffen zum Zielen angebracht. Der hintere Griff beinhaltete dazu noch den Auslöser.
Die Rakete wurde elektrisch gezündet und bei niedrigen Temperaturen wurden nicht alle Treibmittel verbraucht, bevor die Rakete den Werfer verließ. Das unverbrannte Pulver wurde daher in das Gesicht des Schützen getrieben und um dies zu verhindern, konnte ein kleines, kreisförmiges Drahtgitter direkt hinter die Mündung montiert werden.
Im praktischen Einsatz konnte die Bazooka auf Ziele bis zu 275 Meter abgefeuert werden, aber in den meisten Fällen erfolgte der Einsatz über etwa 90 Meter.

Kurz nach dem die Bazooka M1 von der Truppe übernommen wurde, wurde sie durch das weitgehend identische Modell M1A1 ersetzt. Es war eine populäre Waffe, welche jeden Feindpanzer außer Gefecht setzen konnte und wurde normalerweise durch zwei Mann im Einsatz verwendet. Von diesen war einer der Schütze und der zweite Mann der Lader, welcher die Raketen einführte und diese mit den elektrischen Zünder verband.

Raketenwerfer M1A1 Bazooka
Raketenwerfer M1A1 Bazooka mit Schutz gegen Austrittsgase der Rakete.

Die Bazooka wurde schnell auch für andere Rollen auf dem Schlachtfeld verwendet. Sie eignete sich hervorragend, um Bunker jeglicher Art auszuschalten und konnte sogar Löcher durch Stacheldrahthindernisse räumen. Gegen ungepanzerte Fahrzeuge wurde sie bis auf Entfernungen von 600 Meter verwendet und manchmal auch um Durchgänge durch Minenfelder zu sprengen. Es gibt auch Berichte, dass die Bazooka zur Bekämpfung von Artilleriegeschützen auf kurze Distanz verwendet wurde.


Aber hauptsächlich setzte die Bazooka gegen Panzer ihre Ausrufezeichen und so wurden Anfang 1943 in Tunesien erbeutete Exemplare der Waffe der Ausgangspunkt für den deutschen Entwurf der Raketenpanzerbüchse, genannt Panzerschreck. Das deutsche Gegenstück hatte ein wesentlich größeres Kaliber, während die Amerikaner weiterhin ihr 60-mm-Kaliber bis nach 1945 beibehielten.

Zu dieser Zeit hatten sie jedoch ein neues Modell eingeführt. Der neue M9 konnte im Gegensatz zum M1 in zwei Teile zerlegt werden, um die Waffe leichter zu transportieren oder zu verstauen.

Bei Kriegsende erschien noch das Modell M18, welcher aus Aluminium gebaut war, um leichter zu sein.
Rauch- und Splitter-Raketen wurden noch vor 1945 entwickelt und eingeführt, allerdings vor allem auf dem pazifischen Kriegsschauplatz verwendet.

Gegen Kriegsende erschien doch noch eine größere Version der Bazooka im Kaliber 3,45-inch (88mm), aber da die 60-mm-Version in der Lage war, alles was nötig war zu tun, wurde die ‚Super-Bazooka‘ auf Eis gelegt und erst 1951 für den Korea-Krieg in Produktion genommen. Die dortigen russischen T-34-Panzer ließen das 60-mm-Modell über Nacht zum alten Eisen werden.

Bis zum Kriegsende wurden 476.628 Bazookas aller Typen gebaut, zusammen mit 15.603.000 Raketen aller Arten.

Varianten

Hohlladungsrakete M6A1Raketenwerfer M9: Das verbesserte Modell mit einem Startrohr aus zwei Teilen mit einem Bajonettverschluss, sodass die Waffe zerlegt und leichter transportiert werden konnte. Der Auslöser wurde zu einem Impuls-Magnetzünder in einem Pistolengriff geändert. Die Schulterstütze und andere Ausrüstungsteile wurden verbessert und das Gewicht stieg auf 7,25 kg an.

Raketen M6, M6A1,2,3 usw.: Eine Reihe unterschiedlicher Arten der Raketen wurden ausgegeben, wobei Detailveränderungen unter anderem bei den elektrischen Kontakten und Flügelanordnungen vorgenommen wurden. Im Einsatz und bei Testversuchen zur Verbesserung verwendet. Erste Ausführungen hatten eine zugespitzte Nase, ab der M6A3 eine halbkugelförmige Spitze.
Bild rechts: Hohlladungsrakete M6A1.

Rakete M10: Diese Rakete hatte einen Sprengkopf mit weißem Phosphor, um eine Nebelwand zu bilden oder zum Einsatz gegen Infanterie.



Spezifikationen 60-mm-Raketenwerfer M1A1 Bazooka

Spezifikationen:

60-mm-Raketenwerfer M1A1Spezifikation
TypPanzerabwehr-Raketenwerfer
Kaliber 60 mm
Länge 138,4 cm
Gewicht 6,01 kg
Geschoss und Gewicht Hohlladung 1,54 kg
Funktion Einschüssiger Raketenwerfer, elektrische Zündung mit zwei Trockenbatterien in Pistolengriff
Maximale Reichweite600 m
Effektive Reichweite90 m
Geschossgeschwindigkeit 82,3 m/sek
Durchschlagskraft 119,4 mm / 0°

Einsatzstatistik:

Bazooka M1 M1A1, M9, M18Angaben
Serienproduktion1942
Truppenlieferung1942
Erste FrontverwendungNovember 1942
Erster KampfeinsatzAnfang 1943
Endlieferung1945
Stückzahl476.628
Stückpreis?


Animation 3d-Modell Bazooka


Panzerabwehrgranate M9

Garand-Gewehr mit M9A1
Garand-Gewehr mit M9A1-Panzerabwehr-Granate.

Als der Zweite Weltkrieg begann, verfügte die US-Armee über keinerlei leichte Panzerabwehrwaffen. Die Entwicklung einer Panzerabwehrbüchse war nicht besonders intensiv betrieben worden, da das schwere Browning 12,7-mm-Maschinengewehre M1921 als brauchbare Panzerabwehrwaffe galt.
Allerdings gab es nicht viele schwere Browning-Maschinengewehre und erst recht gab es keine zur Panzerabwehr für die Infanterie.

Der Kriegsausbruch führte daher zu einer überstürzten Suche nach einer geeigneten Waffe, und eine Granate für den Zapfenabschuss vom Gewehr aus wurde als die beste Lösung angesehen.

Einigen Berichten zufolge wurde Dr. Mohaupt aus der Schweiz, der schon früh an Hohlladungen geforscht hatte, als Konstruktionsberater für die US-Regierung engagiert. Dies wurde zwar nie offiziell bestätigt, aber auf jeden Fall war die Hohlladung die einzig mögliche Lösung, um einen Panzer durch die Infanterie auszuschalten.

Granate M9A1
Die Panzerabwehr-Granate M9A1
Es wurden zwei Entwürfe entwickelt: die M9 für die Verwendung mit dem Standard-Infanterie-Gewehr und die M10 für die Verwendung mit dem schweren 12,7-mm-Maschinengewehr. Die letztgenannte Konstruktion wurde aufgegeben, denn es stand immer noch die Frage im Raum, ob überhaupt genügend Maschinengewehre zur Panzerabwehr zur Verfügung stehen würden. Schließlich wurde die M10 der Ausgangspunkt für den vorweg beschriebenen 60-mm-Raketenwerfer ‚Bazooka‘.

Die M9-Granate dagegen wurde perfektioniert und 1941 an die Truppe ausgegeben, aber schon bald durch die M9A1 abgelöst. Die M9 wurde so schnell eingeführt und wieder ausgemustert, dass in keinem der Kriegshandbücher ein Bild von ihr zu finden ist.
Es wird lediglich beschrieben, dass sie einen ‚eichelförmigen‘ Kopf hatte und mit einem Aufschlagzünder ausgestattet war. Die Zündung eines Hohlladungssprengstoffs muss jedoch von der Basis aus erfolgen, und obwohl dies mit einem Aufschlagzünder möglich ist, wofür das britische PIAT ein Beweis ist, handelt es sich um eine komplizierte Methode.
Vermutlich deshalb verwendete die M9A1 einen Bodenzünder und hatte folglich eine halbkugelförmige Spitze. Ein Ringelschwanz befand sich am Heck, um die Stabilisation während des Fluges zu verbessern.

Wie jede andere Panzerabwehrwaffe der Kriegszeit wurde sie offiziell beschrieben, als ‚in der Lage, jeden bekannten Panzer zu durchschlagen‘. Dies war eine wohlklingende und beruhigende Formulierung für den Soldaten an der Front, die von Lehrbuchautoren geliebt wurde, die bequemer Weise die Tatsache verschwiegen, dass es die unbekannten Panzer waren, die immer die Probleme verursachten.

US-Soldaten bei Cherbourg 1944
US-Soldaten bei Cherbourg 1944, bewaffnet mit der M9A1-Panzerabwehr-Granate.
Tatsächlich war die Durchschlagskraft der M9 kaum besser als 40 mm, da der Aufschlagzünder die Durchschlagskraft der Hohlladungsexplosion behinderte, aber die M9A1 verbesserte dies und konnte etwa 60 mm Panzerung durchschlagen.
Andere Quellen geben die maximale Durchschlagskraft der M9A1 sogar mit 101 mm an. Die effektive Reichweite der Granate war etwa 100 Meter.

Es gab einen Zapfenabschuss-Aufsatz M7 für das M1 Garand Gewehr und M8 für den US Carbine cal .30 M1, um die Panzerabwehr-Granate M9A1 abzufeuern.

Wie alle Gewehrgranaten war sie praktisch nutzlos, wenn sie gegen eine Frontplatte oder die Turmfront eines Panzes abgefeuert wurde, aber wenn der Schütze die hinteren Panzerplatten oder den Motorraum treffen konnte, hatte er eine gute Chance, den Panzer zu stoppen und ihn dabei womöglich auch noch zu zerstören.

Die M9A1 war während des gesamten Krieges die Standardausrüstung in der US-Army, wurde aber nur selten im praktischen Kampf gegen Panzer eingesetzt. Vielmehr war sie sehr nützlich, um feindliche Stellungen oder Scharfschützen-Nester auszuheben.

Spezifikationen M9A1:
Länge 28,32 cm; Gewicht 0,56 kg; Sprengladung 113,4 Gramm TNT; Aufschlagzündung; Durchschlagskraft 40 bis 101 mm; Reichweite ca. 100 Meter.


Quellenangaben und Literatur

The Encyclopedia of Weapons of World War II (Chris Bishop)
The Encyclopedia of Infantry Weapons of World War II (Ian V.Hogg)
Infanterie im 2. Weltkrieg (J.B.King, John Batchelor)


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